Nummer 383 — Abendblatt
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National
Fretltchtsptele aus Schloß Gutenberg
(Liechtenstein). Ei der Tausend, sind die Liechtensteiner
ein rühriges Theatervölklein geworden! Letztes Jahr
hatten die Vaduzer ihre vielbesuchten Freiltchtsptele
aus dem fürstlichen Schloß droben, und in diesem Som
mer greisen die von Balzers lecl zu Hallbart und Spieß
und bevölkern die Burg weiland ihrer Herren zu
Gutenberg, die der Bildhauer Rheinberger vor Jahren
vor dem gänzlichen Zerfall errettet und zu neuem stol
zem Dasein erweckt hat. Und noch stnd die Gutenberger
Burgensptele nicht zu Ende gegangen — es wird an
schönen Sonntagen bis in den September hinein ge
spielt — so lllndtgen die Vaduzer ein Winzerfest mit
Spielen und Tänzen an. Das Beste und Gediegenste
hat ihnen aber Gutenberg sicher vorweggenommen,
denn was da vom latcnlustigen Sängerbund BalzcrS
geboten wird, übertrifft alle Erwartungen.
Bereits ait den letztjährigen Vaduzer Freilicht-
'pielcn wurde der Darsteller des Intriganten, der
junge Liechtensteiner Dichter Karl Jos. M t n st seines
beweglichen, leidenschaftlichen Spiels wegen mit Recht
viel beachtet. Inzwischen ist er einen tapferen Schritt
Wetter gegangen, hat selber ein Burgenspiel „Der
letzte Gutenberger" versaßt und gleich auch die
Regte und die Titelrolle übernommen. Ihm ist das
unmöglich erscheinende überraschend gelungen: aus
dem numerisch nicht sehr starken Sängcrverein eine
seine Absichten weitgehend erfüllende Ge'ellschaft wil
liger Mimen zu machen und Aufführungen zustandezu
bringen, die wett über dem Mittel stehen, was man
etwa auf dem Lande zu sehen gewohnt ist. Der Dichter
hat sich eine Episode aus dem Schwabenkrieg ausge
sucht und setzt sein Burgenspiel ganz einfach auf den
historischen Schauplatz des Geschehens, läßt seine
Söldner kraftvoll sprechen, wie ihnen der Schnabel gc-
waw'en ist, nämlich in der Mundart des Landes, ver
wertet alte Kriegsanekdoten und schafft volkshafte Ge
stalten. Und da auch der alte, cseuumrankte Burghof
ohne jede Aufniachung den idealen- Rahmen bildet,
wirkt sein Spiel naturhaft, echt und urwüchsig. Einzel-
heilen und kleine kritische Bedenken verschwinden im
großen Eindruck, daß aus Schloß Gutenberg dürch das
seltene Zusammenwirken vieler günstiger Umstände
eine unser künftige? Theaterleben auf dem Lande er-
freulich anregende Tat gewagt worden ist. Es heißt
denn auch schon, daß die Sarganscr sich nächstens aus
ihrem Schloß den Versuch eigener heimatlicher Frei-
Ucbrspielc unternehmen wollen. Gutenberg macht
Zchule! Und 'oll eS auch! Herm. Aeilen, Ehur.
Sasel. Mittwoch. IS. August 1925
Michel und Lisele
Kunert und i.Irsula
Kansjörg und Ninele
Klaus und Annamai
junges Volk aus Balzers
Spielleute