Lied, du bist ein sengend' Feuer,
Das im Menschenherzen glimmt,
Lied, du bist ein wehes Sehnen,
Das im Aug' als Träne schwimmt,
Lied, du bist ein still' Gedenken,
Das vom Frohsinn blieb zurück
Du, mein Lied, du bist ein Schatten
Von versunk'nem Liebesglück.
O, du ,Roswitha, du warst es ja, der ich entflohen bin I —
Als ich meine flammende Sehnsucht nach dir zu lodern
dem Brande aufschießen fühlte, da klagte ich deinem
Vater mein Anheil und teilte ihm meinen Entschluß mit,
die Burg ungesäumt zu verlassen. Denn ich, der heimat
lose, mittellose Ritter — ich kann ja kein Frauenschicksal
an das meine ketten, weiß ich doch heute nicht, wovon
ich morgen eflen werde. Habe ich ja doch draußen in
der Fremde oft wochenlang nur das frisch sprudelnde
Wasser aus des Berges Quelle zum Trünke und erbet
teltes Brot zur Nahrung gehabt. And nächtens habe ich
mein müdes Äaupt oft genug zum Schlummer in das
vom Regen durchnäßte Moos des Waldes gebettet,
weil dem armen Bettelmann, dem fahrenden Sänger,
die Äerberge verschlossen blieb. Es war eine stür
mische Winternacht, als ich heimlich, nur mit Wissen
und Willen des Vogtes, der mir das Tor öffnete, den
Gutenberg wie ein Flüchtling verließ. Von der Luzien-
steig her wirbelte dichtes Schneegestöber, das meine
heiße Stirne kühlte und die Tränen auf meinen Wangen
zu Eis erstarren ließ. Da war es, daß sich mir zum
erstenmal ein Liedchen aus der Seele löste
Auf weiter Flur der Schnee —
Im Äerzcn ein brcnr.endes Weh
In den Lüften der Dohlen Geschrei
Mein Frühling ist lange vorbei.
Durch den dichten Schnee stapfte ich weiter, weiter -
nur fort, nur vergessen ! O, eitel Wähnen I Du, Roswitha,
wandeltest mit mir. Tag für Tag, Mond auf Mond,
Jahr aus Jahr. Es gab für mich kein Glück und keine
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