Vaduz, Samstag, den 27, 3uni
1925 ^ 59. Jahrgang No. 51
Oer letzte Gutenberg.
(Eingesandt.)
Am 28. d. M. soll auf der Burg Gutenberg
bei Balzers das heimische Burgenspiel „Der
letzte Gutenberger" (von Karl Jos. Minft) auf
geführt werden. Durch die paar folgenden
Zeilen sei dem Spiel nicht vorgegriffen. Nur
ein kurzer Hinweis eines -Unbeteiligten möchte
den «Besuch empfehlen und zwar schon der
prächtigen Burg und der herrlichen Aussicht i
wegen. Dann verdienen aber auch die Spie
lenden, die sich der Mühe der Vorbereitung
und des Spielens unterziehen, eine Ermunte
rung. Und nicht zuletzt ist es das hübsche Stück
eines jungen, einheimischen Poeten, das des
Besuches wohl wert ist. Unwillkürlich drängt
sich einem der Vergleich mit dem Freilichtspiel
vom vorigen Sommer auf Schloß Vaduz auf.
Der Verfasser des Stückes, der im „Walter von
der Vogelweide" eine Hauptrolle spielte, dürfte
daraus auch manche Anregungen gewonnen ha
ben, so möchte ich die Singeinlagen fast als
solchen Einfluß bezeichnen. Was „Der letzte
Gulenberger" vor dem „Walter" voraus hat,
ist das Volkstümliche, Einfache, für viele leich
ter Verständliche. Eine gewaltige, die Seele
aufrüttelnde Handlung werden -wir im „letzten
Gutenberger" nicht finden und auch nicht su
chen. Der Verfasser läßt ferner die handeln
den Personen, besonders das einfache Volk,
ohne großen Pomp, ohne großes Drum und
Dran auftreten. So spricht z. B. der einfache
Mann die Sprache des heutigen Balzner Dia
lektes. Und daran tut der Verfasser recht, denn
er geht nicht viel fehl, wenn er den Leuten vom
ausgehenden 15. Jahrhundert den heutigen
Dialekt in den Mund legt, zeigen doch die
Liechtensteiner Mundarten und die von Balzers
im besonderen noch heute ein recht altertüm
liches Gepräge. Die Mundart ist im allgemei
nen -sehr gut getroffen, ob aber ein von der
Fremde noch nicht beeinflußter Balzner „könd"
sagt, anstatt „kond". bezweifle ich sehr.
-Ob der Wechsel von Mundart und -Schrift
deutsch, je nach Personen/störend oder fördernd
wirkt, -wird sich bei der Aufführung zeigen.
/U-m dem Stück, das ja im -Freien gespielt
- wird, in allem folgen zu können, wird jeder
gut -tun, sich ein Textbüchlein, das nicht viel
kostet, zu kaufen.
Er wird dann aus der Einleitung -ersehen,
wä» Wahrheit und Dichtung im Stück ist. Auch
eine kurze Inhaltsangabe der Haupthandlung
und Hervorhebung der Grundtendenz des
Stückes ist dort zu finden.
Inhalt: Wirnt von Gutenberg, der Letzte des
Geschlechtes der Gutenberger, verlebte die Ju
gend auf dem Schloß Gutenberg, als Gast, nicht
als Erbe. Seine Liebe zur Burgtochter findet
Gegenliebe: eine Werbung beim Vater erscheint
ihm als aussichtslos. Daher zieht er in die
Fremde. Nach Jahren kehrt er zurück, im
Schwabenkrieg. Er will die Burg seiner Väter
verteidigen, nur ist er eine Zeit lang im Zwei
fel, ob für sich oder für den damaligen Besitzer.
Seine Jugendgeliebte findet er als Braut eines
andern vor. Nebenher geht so als eine Art
-von Nebenhandlung die Liebe zwischen dem
jungen Sohn des Burgvogtes und Praxedis,
der Tochter des Freiherrn von Brandis. Aus
aller -Teelenwirrnis geht Wirnt als Sieger
über sich selbst hervor. Er stirbt aber auch als
Kampsheld, indem besonders durch seine per
sönliche Tapferkeit der Stur-m der Eidgenossen
abgeschlagen, die Burg gerettet wird.
Der Verfasser weiß aus Geschichte, Sage und
eigener Phantasie -ein recht hübsches -Ganzes zu
zimmern. Besonders die in Balzers lausenden
Sagen aus dem Schwabenkriege weiß er gut
einzuflechten.
Die Balzner find bekannt als gute Theater
spieler. So werden sie das hübsche, einfache
Stück sicher auch zur Geltung bringen, ohne
großes Um und Auf. Ein ganzer Erfolg ist
allen Beteiligten zu gönnen.
Das Theatevplakat aus der Künstlerhand desk
Herrn Egon Rheinberger, des Burgbesitzers, ist'
von köstlicher, origineller Frische und wird'
wohl mehr als obige Zeilen wirken -mit der'
Aufmunterung: Auf nach Balzners. auf die
alte, neuerstandene Feste Gutenberg!