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Nachrichten
Baduz, Mittwoch 17. Zuni 1S2S
Burgenspiele.
Bereits wurde in diesem Blatte darauf
hingewiesen, daß der Gedanke heimischer
Burgenspiele in unserm schönen Heimatland-
chen festen Fuß gefaßt habe. Wer den liech
tensteinischen Freilichtspielen nach dem letzt-
! jährigen Unternehmen in Vaduz die Agonie
prophezeit hat, sieht sich somit enttäuscht —
hoffen wir: angenehm enttäuscht. Nein, sie
sind nicht tot, sie leben weiter. Und zwar sol
len sie für diesen Sommer der lieben Ab
wechslung halber nicht auf Schloß Vaduz,
sondern auf Schloß Gutenberg gegeben wer
den. Wir haben ja zwei schöne Burgen und
wir wollen unsern Gästen nun auch die ro
mantische, sagenumsponnene Feste Gutenberg
zeigen, und zwar nicht blos so, wie sie sich
dem Auge des Reisenden darstellt, nein, so,
wie sie wohl vor vierhundert Jahren gewe
sen sein mag. Die Geschichte, die ruhmreiche
Geschichte des Eutenberger Bollwerks im
Schwabenkrieg soll sich uns entrollen. Nicht
ein Spiel, das anderswo auch gespielt wer
den könnte, soll „über den Hof" gehen, —
vergangene Zeit, wie sie war, wie sie lebte,
litt und stritt, soll auferstehen, soll dort
auferstehen, wo sie ins Grab sank.
Die Vorbereitungen sind in vollem Gang.
Durch den innern Burghof hallt die mäch
tige Stimme des Ulrich von Ramschwag,
wohlbestallten Vogtes auf Gutenberg. Gr
ruft die Seinen zum Kampfe auf und schon
ziehen sie, blitzenden Auges, sieggewohnt und
siegessicher, in Waffen und Wehr, mit klin
gendem Spiel auf den Plan. Der Waffen
meister führt die Burgwache auf und unter
trutzigen Gesängen schmieden in der Vurg-
schmiede die Hammerleute bei sprühender
Esse das rotglimmende Eisen zu Schwertern
und Partisanen.
Junges Valzner Volk, das den Ernst der
Stunde'nicht zu fassen versteht, springt in
beneidenswertem sorgenlosen Frohsinn ei
nen heitern Reigen, denn es ist ja Mai,
Frühling, Jugend .. -
„Lust und Blust zu Berg und Tal,
Mai und Minne überall ...
Huldie, holdio — hopsassa,
Huldie, holdio — trallala ..
bis der vielgestrenge Herr Vurgmeier die
lärmende Schar aus dem Hof jagt, die krei
schend davonläuft.
Der Freiherr von Brandis rückt mit ei
ner kampfgerüsteten Schar in die Burg, un
geduldig schnaubende Rosse tragen gewapp
nete Ritter durch das Tor — und dann —
dann kommt natürlich ein Schluck Euten
berger Wein zu Ehren, denn die wackern
Mannen haben eine allzeit durstige Kehle.
Und dann geht es weiter nach der Luzien-
steig, die mit stürmender Hand genommen
wird.
Junge Liebe, in Wonne jauchzend und im
Gram ersterbend zieht durch das waffenstar
rende Heerlager. Teils geht sie ihrem Ziele
entgegen, teils befreiender und erlösender
Ruhe.
An all das denken wir angesichts der
Spiele, wie Elisabeth von Marmels es hell
sehend verkündet: da wiederum Gu
tenbergs Türme und Zinnen ins schöne
grüne Rheintal hinabgrüßen und wiederum
durch die Tore der gastlichen Burg frisches
Leben wogen wird."