Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Thöny hat sich auch in-diesem Geschäfte, wie im 
mer als alleinzeichnungs- und verfügungsberechtigt 
aufgespielt.- Immer mehr aber erweiterten sich die Ge 
rüchte, von Unsauberkeiten bei der Landesbank und 
man wurde schon allgemein stutzig.Da und dort konnte 
.man davon hören, daß etwas bei der Sparkassa nicht 
in Ordnung sei. Die Anfragen bei nahestehenden Ban 
ken und.anderen Stellen häuften sich, und schon flat- 
terten.auch die Gerüchte in den Nachbarstaaten in diese 
und jene Institute. Die fürstliche Rechnungskanzlei, 
wurde dringlich und erhob schwere Bedenken bezüglich 
der Vorgänge bei der Sparkassa. Sie hatte sich genö 
tigt gesehen, zur Erklärung, daß die' fürstliche Ver 
mögensverwaltung mit den umlaufenden Verpflichtun 
gen sich nicht identifiziert. Verwalter Thöny wurde 
zur Rede gestellt aber nicht nur einmal, sondern wie 
derholt stellte er seinem unmittelbar Vorgesetzten, dem 
Verwaltungsratspräsidenten Dr. W. Beck gegenüber 
jedes-unerlaubte Geschäft bei der Sparkassa in Abrede. 
• Es war nun höchste Zeit für die Beschuldigten. 
auf alle mögliche Weise Mittel flüssig zu machen, 
um die bisherigen Transaktionen abzudecken und sei 
es nur vorläufig und auf kurze Zeit, um, dadurch 
weiter Zeit zu gewinnen, und als solches Rettckngsmit- 
tel tauchte wieder unter dem Einflüsse des Alexander 
Justus, das sogenannte Nitrogengeschäft auf, von dem 
sich Walser goldene T^e versprach, Auf dieses Ni 
trogengeschäft stießen Walser Anton und Alexander 
Justus gelegentlich einer Reise nach Budapest. 
Bei diesem Nitrogengeschäft.handelt es sich um den 
Ankauf von Aktien einer Nitrogen- unnd Kunstdünger- 
Fabrik in Dicfö Szent Martin. 
Der Beschuldigte Anton Walser macht über diese 
Angelegenheit folgende Angaben: Die genannte che 
mische Fabrik liegt auf rumänischem Territorium, ganz 
nahe der ungarisch-rumänischen Grennze und soll die 
einzige derartige Fabrik in ganz Rumänien sein. Haupt 
sächlich werden in dieser Fabrik Schwefelstoffe. Sal 
peter und Kunstdünger fabriziert. Als tzauptabsatzgebiet 
für die erzeugten Stoffe kommen Ungarn und Ru 
mänien in Frage. 3m Jahre 1927 sollen 1000 Waggon 
Kunstdünger nach Ungarn an die dortigen Landwirte 
abgeliefert worden sein.'Das in diesem Unternehmen 
investierte Kapital beziffere sich auf mindestens 25 
Millionen Goldkronen. Es sei auch staatliche Unter 
stützung dieses Unternehmens in Aussicht gestannden. 
weil- die rumänische Regierung sich um das Werk 
interessiert habe, indem ihr damit' die Möglichkeit der 
einheimischen Sprengstofferzeugung geboten worden 
wäre. Eigentümerin dieses Unternehmens war eine 
ungarische Aktiengesellschaft in Budapest. 
Ein gewisser Dr. Oskar Goldfinger in Budapest 
war im Besitze eines drittels des ganzen Aktienbe 
standes von 250.000 Stück. Die Aktien hätten infolge 
der Bestimmungen eines Syndikats-Vertrages bis zum 
Jahre 1929 nicht en bloc verkauft werden dürfen, 
dagegen sei jeder Aktionär berechtigt gewesen, Unter- 
beteiligte zu nehmen. Dr Goldfinger habe nun seinen 
Aktienbesitz, nämlich 83.000 Stück zum Preise von 
3 Dollar das Stück an Werner Schmjdt, Kaufmann 
aus Köln verkauft. Bei Schmidt sei zu gleichen Teilen. 
der Kaufmann Alexander Justus aus Berlin- ,Wil- - 
mersdorf beteiligt gewesen. Im Kaufvertrags zwischen 
Schmidt und Dr. Goldfinger seien eine Anzahlung ■ 
und für die Restsumme'Teilzahlungen vorgesehen ge-, 
wesen.- Schmidt sei in der Folge zahlungsunfähig ge 
worden und den Verpflichtungenn auf Zahlung der 
Raten gegenüber Dr. Goldfinger nicht mehr nach- - 
gekommen. Die Aktien hingegen seien sukzessive im 
Werte gestiegen, welchen Anlaß Dr. Goldfinger dazu 
benützte, vom Kaufverträge zurückzutreten. Dr. Gold 
finger habe sich bereit erklärt, die Hälfte seines Ak 
tienbestandes, nämlich 41.500 Stück Nitrogen-Aktien, 
mit einem Aufschlag von Vs Dollar pro Aktie dem 
Alexander Justus zu liefern. Er (Anton Walser) habe 
nun mit Justus vereinbart, mit ihm gemeinsam die ? 
41.500 Stück Aktien von Dr. Goldfinger zu erwerben, j 
Die Käufer hätten bereits einen Wiederkäufer gefunden j 
gehabt, welcher die Aktien um den Mehrpreis von 1 
einhalb bis ein Dollar pro Stück hätte abnehmen \ 
wollen. Der innere Wert der Aktie habe damals— j 
im Frühjahr 1928 - mindestens Frs. 35.— • betragen, j 
weil die letzte Bilanz (Innenbilanz) basierend auf dem ; 
Gewinne des letzten Jahres, auf 8 bis 9 Millionenn ! 
Goldfranken lautete. 
Demzufolge habe er (Walser) mit einem Gewinn! 
von 1 Vs bis 2 Dollar pro Aktie bestimmt rechnen j 
können. 
Mit Dr. Goldfinger sei abgemacht worden, daß 
der Kaufpreis in »/4 tel bis 1 Vs Jahren bezahlt wer- ! 
den könne. Diesfalls aber hätte die, Kaufsumme sicher 
gestellt werden müssen, durch Akzepte der Liechten- ' 
steinischen Landesbank, oder- in anderen Werten. Der - 
Kaufvertrag sei Brief und Gegenbrief abgeschlossen 
worden. Dr Goldfinger hätte seinen Brief unterzeich 
net, Walser seinerseits aber den Gegenbrief nicht aus-, 
gehändigt. 
Bei diesen Vertragsverhandlungen sind dann dem 
Dr. Goldfinger vier Akzepte der Liechtensteinischen Lan 
desbank übergeben worden und zwar durch. Carbone: 
1 Akzept der Landesbank de Fr. 30.000.— 
1. Akzept der Landesbank de Fr. 30.000.— 
1 Akzept der Landesbank de Fr. 50:000.— 
. 1 Akzept der Landesbank de Fr. 50.000.— 
zusammen Fr. 160.000.— 
Walser behauptet, daß von diesen Akzepten der 
Landesbank lediglich das letzte de Fr. 50.000.— dem 
Dr. Goldfinger als Vorschuß im Nitrogen-Geschäft 
bezw. als Anzahlung an die gekauften Aktien gege 
ben worden sei. Die anderen Akzepte seien als reine 
Bilanz-Wechsel Dr. Goldfinger mit dem bestimmten 
Aufträge ausgehändigt worden, daß er die Abschnitte 
diskontieren lasse und den' Diskonterlös zur Hälfte
	        

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