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nach österreichischem Recht nicht für vorliegend erachtete, ins
besondere, weil nach seiner Ansicht eine Schädigungsabsicht
nicht vorhanden war.'
Ich lese Ihnen hier einige Abschnitte ans dein Urteil
des Landesgerichtes Feldkirch kurz vor:
„Nach § 197 Strafgesetz begeht Betrug, wer durch
listige Vorstellungen oder Handlungen, einen andern in
Irrtum führt, durch welchen jemand, sei es der Staat,
eine Gemeinde, oder andere Person, an, seinem Eigen
tum oder andern Rechten Schaden leiden soll; oder wer
in der Absicht und auf die oben erwähnte Art eines an
dern Irrtum oder Unwissenheit benützt, begeht einen
Betrug: er mag hiezu durch Eigennutz, Leidenschaft,
durch die Absicht, jemanden gesetzwidrig zu begünstigen
oder sonst durch was immer für eine Nebenabsicht sich
haben verleiten lassen. Ein Betrug nach österreichischein
Strafgesetz ist somit Irreführung bezw. Erhaltung im
Irrtum durch listige Vorstellungen oder Handlungen
in der Absicht, jemandem rechtswidrig einen Schaden
zuzufügen. Nach § 263 Strafgesetz des deutschen Rechts:
Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechts
widrigen Verinögensvorteil zu verschaffen, das Vermö
gen eines andern dadurch beschädigt, daß er durch Vor
spiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tat
sachen Irrtum erregt oder unterhält, begeht Betrug.
Ganz ähnlich definiert das schweizerische Gesetz den Be
trug: Nach Art. 68 des Strafgesetzes für den Kanton
St. Gallen heißt es: Wer in der Absicht auf einen rechts
widrigen Verinögensvorteil für sich oder andere jeman
den an seinem Vermögen dadurch beschädigt, das; er
durch Vorbringen falscher oder durch Entstellung oder
Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erzeugt
oder unterhält oder benützt, begeht Betrug. Bcinl Ver
gleichen ersieht' inan, daß der Betrug nach dcutschcin
und nach schweizerischem Recht, wie überhaupt nach den
neuen Gesetzen-ein gewinnsüchtiges Delikt ist — das
Begriffsmerkmal heißt: Rechtswidrigen Verinögcnsoor-
teil zu verschaffen — und der Betrugsbegriff auf den
Verinögensbetrug und auf den in Bereichcrungsabsicht
verübten Betrug beschränkt ist, währenddem nach öster
reichischem Rechte zum Betrug erforderlich ist Schädi
gungsabsicht, Betrug ein Schädiguugsdclikt ist. Es
heißt im §. 197: „an seinem Eigentum oder an andern
Rechten Schaden leiden soll". Ein beabsichtigter Ver-
mögensvortcil ist nicht notwendig und die Schädigung
mag, wie es im Gesetze heißt, ans was immer für
einer Nebenabsicht erfolgt sein. Es ist nun zu prüfen,
ob durch das Verhalten des Angeklagten die Begrifss-
mcrkmalc des Verbrechens des Betruges verwirklich
sind. Der Angeklagte hatte schon iin Jahre 1913 in.
der Schweiz sich mit dem Gedanken getragen, eine
Maschine-für den Stickereibctricb herzustellen. Durch
die Notwendigkeit, für den Unterhalt der Familien
angehörigen beizutragen, konnte er sich nnr zeitweilig
der Ausführung seines Planes widmen. Da ihm auch
das nötige Kapital fehlte, mir die Maschine herzustellen,
wandte er sich an eine Reihe von Personen,' die er
durch bewußt falsche Angaben zur Leistung van Zah
lungen bewog oder zu bewegen versuchte ... Es unter
liegt nach dem Gesagten keinem Zweifel, daß der An
geklagte die im Urteilsspruch angeführten Personen
durch listige Vorstellung in Irrtum führte, sodaß diese-
Begriffsmerkmal des Betruges durch das Verhalten
des Angeklagten erschöpft ist. Was die SchädigungS-
absicht betrifft, so ist folgendes zu ertvahnen: Der An
geklagte behauptete in der Voruntersuchung der heu
tigen Hauptverhandlung, stets der felsenfesten Ueber
zeugung gewesen zu sein vom Zustandekommen einer
voll gebrauchsfähigen Maschine .... Im Urteil des
Kantonsgerichtes St. Gallen steht: Spettcl konnte an
die Tauglichkeit seiner Erfindung glauben . . . Auf
Grund des Gesagten überzeuge sich der Gerichtshof, daß
dem Angeklagten von Anfang an eine Schädigungs
absicht nicht zugerechnet werden kann, daß er vielmehr
immer voller Zuversicht und guten Glaubens war, eine
andere Maschine übertreffende Ausschneide-Maschine
herstellen zu können. Es darf dabei die Psyche eines
Erfinders nicht außer Betracht gelassen werden ....
Aus dem Unterschiede - der den Betrug nach öster
reichischem und schweizerischem Strafrecht charaktcri-
sierenden Absicht der Schädigung und der Erlangung
eines rechtswidrigen Vcrmögcnsvorteiles, einer Be
reicherung, kam der Gerichtshof deshalb zum Ergebnis,
daß, wenn auch der Angeklagte sich widerrechtlich einen
Vermögensvorteil zu verschaffeir vermochte, was zmn
Schuldspruche des Kantonsgerichtcs St. Gallen führte,
der Angeklagte mangels einer Sckiädigungsabsicht ge
mäß 8 259 Strafprozeßordnung freizusprechen sei."
Nach der Lektüre dieses Urteils brauche ich wohl nicht
mehr viele Worte über unsern Fall zu machen. Auch unsere
Angeklagten waren der festen Ueberzeugung, daß das Ru-
mänienprojckt gelinge, auch ihnen fehlte jede Schädigungs
absicht.
Verzeihen Sie, wenn ich mit der Lektüre des Urteils
des Landcsgerichtcs Feldkirch etwas lange geworden bin. Doch
glaube ich, der Vergleich zwischen dem schweizerischen und
österreichischen Rechte in diesem Urteil sei ein so ausgezeich
neter und der Begriff der Schädigungsabsicht sei in diesem
Urteil so scharf hervorgehoben, daß der verlesene Entscheid
für die Entscheidung, die Sie nun zu fällen haben, außer
ordentlich bedeutungsvoll ist und.übrigens gewichtige Argu
mente zu Gunsten insbesondere meines Klienten Beck enthalte.
Ich weiß nun genau, daß bei der Frage der Schä
digungsabsicht der heikle Begriff des dolus eoentua-
lis nicht unberührt gelassen werden darf. Verzeihen Sie,
wenn ich mich auch noch in dieses, strafrechtliche Detail
einlasse, das das Plaidoyer vielleicht etwas erschwert.
Es ist in der österreichischen Rechtslehre, im' Gegensatz üb
rigens zur Inditatur umstritten, ob dolus. eventualis
für die Schadensabsicht genüge oder ob sie nur dann
gegeben sei. utenn direkter Vorsah vorliegt, wenn Wil
len und Wissen der Schädigung vorhanden sind^sJch muß
hier noch kurz erklären, was dolus eventualis ist. Er
ist am Besten in der. .sogen. Frank'schen Formel definiert
worden. Dem Buche von Hafter, Lehrbuch des schweiz.
Strafrechtes, allgemeiner Teil. 1926, Seite 112, ent
nehme ich: ..Der Richter mutz zur Ueberzeugung ge
langen, der Täter habe trotz der Voraussicht der Mög
lichkeit des Erfolges sich v. Handeln nicht abhalten lassen.
Kommt man zu dem Ergebnis, daß der Täter auch bei