Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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daraus keinen Hehl, kann aus einer Wechselbege- 
bung dieser Art eine strafbare Handlung nicht 
gefolgert werden. Nun, meine Herren, hat in 
außerordentlich beredten Worten der Herr Kol 
leg« Dr. Huber gestern im Bericht dargetan, wie 
eigentlich eben diese 4 Beklagten, darunter auch) 
mein Schutzbefohlener Anton Walser eigentlich als 
Opfer unglücklicher Umstände und wenn sie wollen 
mißglückter Transaktionen hier aus der Anklage 
bank sitzen. Es ist ja tragisch und tragisch ist, daß 
die ganze Sache niemanden etwas rechtes genützt 
hat, sondern dem Lande leider Gottes schweren 
Schaden gebracht hat. Aus einer Aeußerung, die 
Anton Walser vor Gericht aus Befragen des Vor 
sitzenden getan hat, konnten Sie, glaube ich, die 
Ueberzeugung .gewinnen, daß Walser das nicht 
leicht genommen hat. Daß es ihm keineswegs 
gleichgültig war, daß nun ein solcher Schaden und 
solches Unglück über das Land hereingebrochen 
ist, das hat er selber schon bevor die Sache, wie 
der Herr Staatsanwalt zu sagen Pflegte, aufflog, 
schwer empfunden und unter diesen widrigen Um 
ständen gelitten. 
Nun, meine Herren, möchte ich noch ein Wort 
sagen zur behaupteten Qualifikation der Began- 
genschaften im Sinne der Anklage des Herrn 
Staatsanwaltes. Ich halte es mit dem Herrn Kol 
legen Huber, daß von Qualifikationsgründen in 
keinem Fall die Rede sein kann. Wo soll die 
besondere Künheit liegen, wenigstens was Wal 
ser anbetrifft, die Dinge wickelten sich ja eigent 
lich ohne große Schwierigkeiten ab. Es waren 
nicht besondere Schwierigkeiten zu überwinden, 
die ein besonderes Ataß von Kühnheit voraus 
gesetzt oder verlangt hätten. Ich glaube also, daß 
es nicht begründet wäre, hier Erschwerungs- und 
Qualifikationsmomente im Sinne der staatsan- 
waltschaftlichen Ausführungen anzunehmen. Die 
ganze Angelegenheit, wie sie sich uns heute prä 
sentiert, stellt sich doch so dar: Man hat sich aus 
güten Absichten in der Meinung, der Kasse zu 
helfen, in Unternehmungen eingelassen, die viel 
leicht gewagt waren und die dann leider schlecht 
ausgefallen sind. Wären sie. gut ausgefallen, so 
hätten sich die Erwartungen, die diejenigen da 
raus fetzten, welche sie in die Wege leiteten, hät 
ten die Erwartungen erfüllt werden können und 
erfüllt, werden müssen und wäre die Kasse als 
dann unvermerkt über die Schwierigkeiten hin 
weggekommen, d ie sich daraus ergaben, daß man 
eben mit kreditieren zu weit gegangen war, meine 
verehrten Herren, .man hat fertens der Staats 
anwaltschaft bei der Frage der Strafbemessung 
angedeutet, daß, weun im übrigen ihren recht 
lichen Auffassungen beigetreten würde, alsdann 
die Mindeststrafe 5—10 Jahre betragen würde. 
Der Herr Staatsanwalt hat dann das Gesetz, das 
liechtensteinische Gesetz von 1916 berufen, durch 
welches beim Vorliegen wichtiger und überwiegen- 
der Milderuugsumstände auf 2 Jahre herunter 
gegangen werden könne, aber nur im Falle des 
Vorliege ns wichtiger und überwiegender Milde-. 
rungsgründe und das Vorliegen solcher Milde 
rungsgründe hat die Staatsanwaltschaft ihrer- ■ 
eits abgelehnt. Ich möchte dazu sagen, der Um 
land, daß speziell bei meinem Klienten Walser 
üne persönliche Bereicherungsabsicht fernlag, der 
Imstand, daß er im guten treuen glaubte, mit 
einen Aiaßnahmen der Sache zu dienen und nicht 
hr zu schaden, muß und darf als wichtiger Mil 
derungsgrund im Sinne dieser Gesetzesbestim 
mung aufgefaßt werden. Aber, meine Herren, 
)ie Gesetzgebung im Lande Liechtenstein ist nicht 
o einfach und es finden sich manchmal wichtige 
Bestimmungen irgendwo, wo man sie nicht sucht 
und so ist es auch hier. Für die \'rag«, die ich 
peziell bespreche, ist nach meiner Mv nung nicht 
mehr das Gesetz von 1916 maßgebend, sondern 
das Gesetz von 1922, betreffend die Aenderung 
des Strafrechtes, Strafprozeßordnung und ihre 
Nachtragsgesetze. Und in diesem Gesetz im Art. 31, 
so ganz nebenbei im 9. alinea ist gesagt: „Bei 
Vergehungen und Uebertretungen werden die un 
teren Strafgrenzen (Strafminoestausmaß) aufge 
hoben. 
Bei Verbrechen werden die bestehenden Straf 
mindestmaße, abgesehen von der Strafzumessung 
der Strafänderung, aus ein Viertel der bisher 
angedrohten Strafen herabgesetzt und bei beson 
ders mildernden Umständen kann anstelle der Ker- 
kerstrafc eine Arreststrase ersten oder zeiten Gra 
des in der gleichen Höhe, wie Kerkerstrafe zu ver 
hängen wäre, zugesprochen werden.". 
Nachdem nun das österr. Recht für den Tatbestand 
im Sinne der staatsanwaltschaftlichen Auffassung 
als Mindestmaß 5 Jahre aufftellte, also 60 Mo 
nate, ergibt sich nach dieser Bestimmung das Min 
destmaß der vierte Teil, nämlich 15 Monate. Das 
ist die hier nach den bestehenden Gesetzen in Be 
tracht kommende Mindeststrafe und zwar NM 
ohne Rücksicht darauf, ob besondere Milderungs 
gründe vorliegen, sondern von gesetzeswegen und 
ohne weiteres. Mit diesem Minimum, meine Her 
ren, haben wir also zu rechnen. Nun kommt dazu, 
daß mit dem heutigen Tage Herr Walser ein Jahr 
6 Monate und 20 Tage in Untersuchungshaft ist. 
Ich weiß, daß es sich um eine ungeheuere Arbeit 
gehandelt hat bei der Vorbereitung. Allein, man 
wird nicht sagen können, daß Walser allein da 
ran schuld sei. Die Vergrößerung, die Erweite 
rung des Umfanges der ganzen Untersuchung 
hat sich ergeben aus Umständen, für die er in kei 
ner Weise einzustehen hat. Ich meine also in je 
dem Falle ist es geboten, diese lange Untersuch 
ungshaft in weitgehendstem Maße seitens des Ge 
richtes in Anrechnung zu bringen. Auf ihn war 
tet eine Frau, die in diesem schweren Unglück, 
das wird man mir glaube ich, bestätitigen müssen, 
sich außerordentlich tapfer gehalten hat, eine bra 
ve tapfere Frau, die selbstverständlich schwer un 
ter diesen Verhältnissen leidet und mit ihr 4 
Kinder, die alle darauf warten, daß ihr Versorger 
und Ernährer der Familie wieder zurückgegeben 
. wird. Ich glaube, das ist ein Moment/ der von
	        

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