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daraus keinen Hehl, kann aus einer Wechselbege-
bung dieser Art eine strafbare Handlung nicht
gefolgert werden. Nun, meine Herren, hat in
außerordentlich beredten Worten der Herr Kol
leg« Dr. Huber gestern im Bericht dargetan, wie
eigentlich eben diese 4 Beklagten, darunter auch)
mein Schutzbefohlener Anton Walser eigentlich als
Opfer unglücklicher Umstände und wenn sie wollen
mißglückter Transaktionen hier aus der Anklage
bank sitzen. Es ist ja tragisch und tragisch ist, daß
die ganze Sache niemanden etwas rechtes genützt
hat, sondern dem Lande leider Gottes schweren
Schaden gebracht hat. Aus einer Aeußerung, die
Anton Walser vor Gericht aus Befragen des Vor
sitzenden getan hat, konnten Sie, glaube ich, die
Ueberzeugung .gewinnen, daß Walser das nicht
leicht genommen hat. Daß es ihm keineswegs
gleichgültig war, daß nun ein solcher Schaden und
solches Unglück über das Land hereingebrochen
ist, das hat er selber schon bevor die Sache, wie
der Herr Staatsanwalt zu sagen Pflegte, aufflog,
schwer empfunden und unter diesen widrigen Um
ständen gelitten.
Nun, meine Herren, möchte ich noch ein Wort
sagen zur behaupteten Qualifikation der Began-
genschaften im Sinne der Anklage des Herrn
Staatsanwaltes. Ich halte es mit dem Herrn Kol
legen Huber, daß von Qualifikationsgründen in
keinem Fall die Rede sein kann. Wo soll die
besondere Künheit liegen, wenigstens was Wal
ser anbetrifft, die Dinge wickelten sich ja eigent
lich ohne große Schwierigkeiten ab. Es waren
nicht besondere Schwierigkeiten zu überwinden,
die ein besonderes Ataß von Kühnheit voraus
gesetzt oder verlangt hätten. Ich glaube also, daß
es nicht begründet wäre, hier Erschwerungs- und
Qualifikationsmomente im Sinne der staatsan-
waltschaftlichen Ausführungen anzunehmen. Die
ganze Angelegenheit, wie sie sich uns heute prä
sentiert, stellt sich doch so dar: Man hat sich aus
güten Absichten in der Meinung, der Kasse zu
helfen, in Unternehmungen eingelassen, die viel
leicht gewagt waren und die dann leider schlecht
ausgefallen sind. Wären sie. gut ausgefallen, so
hätten sich die Erwartungen, die diejenigen da
raus fetzten, welche sie in die Wege leiteten, hät
ten die Erwartungen erfüllt werden können und
erfüllt, werden müssen und wäre die Kasse als
dann unvermerkt über die Schwierigkeiten hin
weggekommen, d ie sich daraus ergaben, daß man
eben mit kreditieren zu weit gegangen war, meine
verehrten Herren, .man hat fertens der Staats
anwaltschaft bei der Frage der Strafbemessung
angedeutet, daß, weun im übrigen ihren recht
lichen Auffassungen beigetreten würde, alsdann
die Mindeststrafe 5—10 Jahre betragen würde.
Der Herr Staatsanwalt hat dann das Gesetz, das
liechtensteinische Gesetz von 1916 berufen, durch
welches beim Vorliegen wichtiger und überwiegen-
der Milderuugsumstände auf 2 Jahre herunter
gegangen werden könne, aber nur im Falle des
Vorliege ns wichtiger und überwiegender Milde-.
rungsgründe und das Vorliegen solcher Milde
rungsgründe hat die Staatsanwaltschaft ihrer- ■
eits abgelehnt. Ich möchte dazu sagen, der Um
land, daß speziell bei meinem Klienten Walser
üne persönliche Bereicherungsabsicht fernlag, der
Imstand, daß er im guten treuen glaubte, mit
einen Aiaßnahmen der Sache zu dienen und nicht
hr zu schaden, muß und darf als wichtiger Mil
derungsgrund im Sinne dieser Gesetzesbestim
mung aufgefaßt werden. Aber, meine Herren,
)ie Gesetzgebung im Lande Liechtenstein ist nicht
o einfach und es finden sich manchmal wichtige
Bestimmungen irgendwo, wo man sie nicht sucht
und so ist es auch hier. Für die \'rag«, die ich
peziell bespreche, ist nach meiner Mv nung nicht
mehr das Gesetz von 1916 maßgebend, sondern
das Gesetz von 1922, betreffend die Aenderung
des Strafrechtes, Strafprozeßordnung und ihre
Nachtragsgesetze. Und in diesem Gesetz im Art. 31,
so ganz nebenbei im 9. alinea ist gesagt: „Bei
Vergehungen und Uebertretungen werden die un
teren Strafgrenzen (Strafminoestausmaß) aufge
hoben.
Bei Verbrechen werden die bestehenden Straf
mindestmaße, abgesehen von der Strafzumessung
der Strafänderung, aus ein Viertel der bisher
angedrohten Strafen herabgesetzt und bei beson
ders mildernden Umständen kann anstelle der Ker-
kerstrafc eine Arreststrase ersten oder zeiten Gra
des in der gleichen Höhe, wie Kerkerstrafe zu ver
hängen wäre, zugesprochen werden.".
Nachdem nun das österr. Recht für den Tatbestand
im Sinne der staatsanwaltschaftlichen Auffassung
als Mindestmaß 5 Jahre aufftellte, also 60 Mo
nate, ergibt sich nach dieser Bestimmung das Min
destmaß der vierte Teil, nämlich 15 Monate. Das
ist die hier nach den bestehenden Gesetzen in Be
tracht kommende Mindeststrafe und zwar NM
ohne Rücksicht darauf, ob besondere Milderungs
gründe vorliegen, sondern von gesetzeswegen und
ohne weiteres. Mit diesem Minimum, meine Her
ren, haben wir also zu rechnen. Nun kommt dazu,
daß mit dem heutigen Tage Herr Walser ein Jahr
6 Monate und 20 Tage in Untersuchungshaft ist.
Ich weiß, daß es sich um eine ungeheuere Arbeit
gehandelt hat bei der Vorbereitung. Allein, man
wird nicht sagen können, daß Walser allein da
ran schuld sei. Die Vergrößerung, die Erweite
rung des Umfanges der ganzen Untersuchung
hat sich ergeben aus Umständen, für die er in kei
ner Weise einzustehen hat. Ich meine also in je
dem Falle ist es geboten, diese lange Untersuch
ungshaft in weitgehendstem Maße seitens des Ge
richtes in Anrechnung zu bringen. Auf ihn war
tet eine Frau, die in diesem schweren Unglück,
das wird man mir glaube ich, bestätitigen müssen,
sich außerordentlich tapfer gehalten hat, eine bra
ve tapfere Frau, die selbstverständlich schwer un
ter diesen Verhältnissen leidet und mit ihr 4
Kinder, die alle darauf warten, daß ihr Versorger
und Ernährer der Familie wieder zurückgegeben
. wird. Ich glaube, das ist ein Moment/ der von