Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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I für eine ganze Menge Von Domizilgesellschaften 
ist. Dem Lande sind an sich di'e Einnahmen, die 
mühelosen Einnahmen zu gönnen, wie den ver 
schiedenen Domizilträgern. Aber es ist doch all 
zusehr eine Fremdenindustrie geworden mit all 
ihren Gefahren. Man hat das ganze Recht da 
raus eingestellt, aus aller Welt Gesellschaften her- 
zulocken und. alle möglichen Vorteile zu bieten. 
Das find nicht immer bloß die seriösesten, wert 
vollsten Gesellschaften, die hergekommen sind, son 
dern auch solche, die ich glaube, besser draußen 
geblieben wären, besser für das Land und Volk 
von Liechtenstein. Es sind auch, deutsch gesagt, 
Gauner hierher gekommen und diese Gaunerei, 
diese ausgesprochene Gaunerei, die hat da begon 
nen, als auf einmal diese Pläne kamen, aus Liech 
tenstein eine Art zweites Monte Carlo zu machen, 
hier eine Spielbank einzurichten oder wenigstens 
eine große Lotterie. Der Anfang ist im Bericht 
über die Klassenlotterie so geschildert im Regie- 
rungsrätlichen Bericht am 5. August 1925. Am 
5. August 1925 erschienen bei der fürstlichen Re 
gierung einige Herren als Vertreter der Bank 
Sautier u. Cie. AG. in Luzern und eines kurz 
vorher gegründeten Vereines „Vertriebsunion in 
Triesenoerg" und unterbreiteten der Regierung 
das Gesuch um Erteilung der Konzession für 
eine Klassenlotterie. Mitglieder der Bertriebsuni- 
on waren die Herren Max und Andreas Beck von 
Triesenberg. Als Konzessionäre erschienen jedoch 
nur die Bank Sautier u. Cie. AG. und die 
Bertriebsunion. Es ist von der Staatsanwaltschaft 
treffend nun diese rapide Entwicklung darge 
stellt, die Eile, mit welcher die ganze Geschichte 
gedeichselt werden mußte. Schon am folgenden 
Tag reicht Herr Dr. Beck als Rechtsanwalt dieser 
beiden Konzessionsbewerber das schriftliche Ge 
such ein und dieses Gesuch ist nun ein Musterbei 
spiel, wie man dieses unglückliche Liechtenstein 
eingesungen hat für ein Schwindelunternehmen, 
für etwas, was von Anfang an unsauber gedacht 
war. nicht vom Anwalt, aber von denen,' die da 
hinter steckten. Da heißt es Liechtenstein und seine 
Bevölkerung haben durch das grausame Spiel 
des Krieges einen großen Teil ihres Barvermö 
gens verloren. Es ist an die Spareinlagen, an die 
verschiedenen Fonds, wie. Pensionsfonds, Armen 
fonds, Wohltätigkeitssonds und dergleichen zu er 
innern, welche alle durch den Verfall der öster 
reichischen Krone vollständig entwertet sind. Liech 
tenstein- hat unverschuldet dieses grausame Spiel 
anderer Mächte über sich ergehen lassen müssen 
und karrn sich in keiner Weise hiefür einen Ersatz 
von den Schuldtragenden verschaffen. Demgegen 
über ist. aber der Staatsbedarf bekanntlich gestie 
gen .und zur Deckung desselben mußten die ver 
schiedenen.'Finanzquellen, insbesondere die Steu- 
erkraft.dèr Bevölkerung in einem Maße herange 
zogen ^werden, die.vielfach als drückend empfunden 
wirdl Ihre SH.ion.ist. nicht ausgeblieben und hat 
Li.echtènst.ein..heute' bekanntlich drei Steuerinitiati- 
Pen arrf Hex,qb.setzMg.des. Steuersatzes. Warum 
soll sich Liechtenstein .nicht.auch gleich wie die ob 
benannten Staaten aus der Klassenlotterie eine 
Einnahme verschaffen? 
Und nun wird da gesagt, wie man sich be-. 
quem die Lasten erleichtern könnte, statt Steuern 
könnte man doch eine Lotterie einführen lassen, 
die dann gewaltige Beträge abliefern wird. Be 
träge im Jahr von 800.000 Fr. evtl, sogar eine 
Million direkte Gebühren und ebensovrele in 
Form von Portoeinnahmen, dazu noch Extrabe- 
Zahlung für Auskünfte d urch die Regierung, Ar 
beit für das Volk, einfach ein Segen fürs ganze 
Volk. Wenn solche Geschäfte einem offeriert wer 
den, dann hat man zwei Möglichkeiten. Man kann 
sich freuen über den guten Menschen, der zu einem 
kommt und der nun ausgerechnet uns ausgewählt 
hat. dieses Glückes teilhaftig werden zu lassen. 
Man kann aber auch sich sagen, wie komme ichr, 
gerade ich zu diesem besonderen Glück. Steckt 
da. nicht etwas dahinter? Ist das nicht verdächtig, 
wenn man mir zu viel geben will, ohne etwas zu 
verlangen. Es scheint mir das ein Köder zu sein. 
Gewöhnlich ist die Sache umgekehrt. Die Regie 
rung hat diesen Köder nicht als solchen erkannt. 
Sie war natürlich auch verantwortlich. Das Land 
hat gelitten. Man wollte nicht eine Möglichkeit 
versäumen und nun ist Hals über. Kops gearbeitet 
worden. Am 6. August Eingang, am 7. August 
schon die Sitzung der telegraphisch einberufenen 
Finanzkommission, am 10. August wieder Sitz 
ung, am 14. schon wieder Sitzung. Der Regie 
rungschef teilt mit, schon mache sich der Hunger 
nach Geld im Lande bemerkbar und schon seien 
Vorsteher vorstellig geworden beim Landtagsprä-! 
sidenten, damit der Hauptverdienst in ihre Ge-., 
meinde komme. Am 19. August schon wieder Sitz 
ung; dann kommt die ungünstige Information 
über Sautier, die bescheiden am Schluß des Be 
richtes steht u. u. a. heißt es: Wenn gewagte Ge 
schäfte gelingen, so wird Sautier die Rechnung 
finden. Tritt das Gegenteil ein, so wird die Ver 
fassung immer schwächer. Die Mutter von Dr. 
Sautier lebt noch. Sie ist Besitzerin einer wert 
vollen Liegenschaft auf dem Wesemlin. Besonderes 
Vertrauen mag man der, jetzigen Firma nicht 
entgegenzubringen. Es sollen nicht immer ganz 
einwandfreie Geschäfte abgeschlossen werden. 19. 
August 1925. O. O. 
Das war der Bericht, der am 19. oder 20. Aug. 
eingekommen ist. Am 20. August war neue Sitz 
ung. Man wollte nun noch etwas zögern und' 
sich etwas erkundigen, aber das durfte man nicht, 
das durfte nicht sein, daß man sich erkundigte 
und deshalb telephonierte Herr Dr. Beck als der 
Anwalt dieser Interessenten laut dem regierungs- 
rätlichen Bericht auf Seite 27, daß sie nur noch 
einmal an den Verhandlungstisch kommen, wenn 
es heute zur Unterzeichnung komme. Der Herr 
Schmidhauser sagte, jetzt hätten sie denn bald 
genug. Unter dieser Drohung hat mau sich ein 
schüchtern lassen und am 1. September 1925 ist 
dieser, unheilvolle Lotterievertrag unterschrieben 
worden. Das Schicksal hat seinen Gang genom-
	        

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