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I für eine ganze Menge Von Domizilgesellschaften
ist. Dem Lande sind an sich di'e Einnahmen, die
mühelosen Einnahmen zu gönnen, wie den ver
schiedenen Domizilträgern. Aber es ist doch all
zusehr eine Fremdenindustrie geworden mit all
ihren Gefahren. Man hat das ganze Recht da
raus eingestellt, aus aller Welt Gesellschaften her-
zulocken und. alle möglichen Vorteile zu bieten.
Das find nicht immer bloß die seriösesten, wert
vollsten Gesellschaften, die hergekommen sind, son
dern auch solche, die ich glaube, besser draußen
geblieben wären, besser für das Land und Volk
von Liechtenstein. Es sind auch, deutsch gesagt,
Gauner hierher gekommen und diese Gaunerei,
diese ausgesprochene Gaunerei, die hat da begon
nen, als auf einmal diese Pläne kamen, aus Liech
tenstein eine Art zweites Monte Carlo zu machen,
hier eine Spielbank einzurichten oder wenigstens
eine große Lotterie. Der Anfang ist im Bericht
über die Klassenlotterie so geschildert im Regie-
rungsrätlichen Bericht am 5. August 1925. Am
5. August 1925 erschienen bei der fürstlichen Re
gierung einige Herren als Vertreter der Bank
Sautier u. Cie. AG. in Luzern und eines kurz
vorher gegründeten Vereines „Vertriebsunion in
Triesenoerg" und unterbreiteten der Regierung
das Gesuch um Erteilung der Konzession für
eine Klassenlotterie. Mitglieder der Bertriebsuni-
on waren die Herren Max und Andreas Beck von
Triesenberg. Als Konzessionäre erschienen jedoch
nur die Bank Sautier u. Cie. AG. und die
Bertriebsunion. Es ist von der Staatsanwaltschaft
treffend nun diese rapide Entwicklung darge
stellt, die Eile, mit welcher die ganze Geschichte
gedeichselt werden mußte. Schon am folgenden
Tag reicht Herr Dr. Beck als Rechtsanwalt dieser
beiden Konzessionsbewerber das schriftliche Ge
such ein und dieses Gesuch ist nun ein Musterbei
spiel, wie man dieses unglückliche Liechtenstein
eingesungen hat für ein Schwindelunternehmen,
für etwas, was von Anfang an unsauber gedacht
war. nicht vom Anwalt, aber von denen,' die da
hinter steckten. Da heißt es Liechtenstein und seine
Bevölkerung haben durch das grausame Spiel
des Krieges einen großen Teil ihres Barvermö
gens verloren. Es ist an die Spareinlagen, an die
verschiedenen Fonds, wie. Pensionsfonds, Armen
fonds, Wohltätigkeitssonds und dergleichen zu er
innern, welche alle durch den Verfall der öster
reichischen Krone vollständig entwertet sind. Liech
tenstein- hat unverschuldet dieses grausame Spiel
anderer Mächte über sich ergehen lassen müssen
und karrn sich in keiner Weise hiefür einen Ersatz
von den Schuldtragenden verschaffen. Demgegen
über ist. aber der Staatsbedarf bekanntlich gestie
gen .und zur Deckung desselben mußten die ver
schiedenen.'Finanzquellen, insbesondere die Steu-
erkraft.dèr Bevölkerung in einem Maße herange
zogen ^werden, die.vielfach als drückend empfunden
wirdl Ihre SH.ion.ist. nicht ausgeblieben und hat
Li.echtènst.ein..heute' bekanntlich drei Steuerinitiati-
Pen arrf Hex,qb.setzMg.des. Steuersatzes. Warum
soll sich Liechtenstein .nicht.auch gleich wie die ob
benannten Staaten aus der Klassenlotterie eine
Einnahme verschaffen?
Und nun wird da gesagt, wie man sich be-.
quem die Lasten erleichtern könnte, statt Steuern
könnte man doch eine Lotterie einführen lassen,
die dann gewaltige Beträge abliefern wird. Be
träge im Jahr von 800.000 Fr. evtl, sogar eine
Million direkte Gebühren und ebensovrele in
Form von Portoeinnahmen, dazu noch Extrabe-
Zahlung für Auskünfte d urch die Regierung, Ar
beit für das Volk, einfach ein Segen fürs ganze
Volk. Wenn solche Geschäfte einem offeriert wer
den, dann hat man zwei Möglichkeiten. Man kann
sich freuen über den guten Menschen, der zu einem
kommt und der nun ausgerechnet uns ausgewählt
hat. dieses Glückes teilhaftig werden zu lassen.
Man kann aber auch sich sagen, wie komme ichr,
gerade ich zu diesem besonderen Glück. Steckt
da. nicht etwas dahinter? Ist das nicht verdächtig,
wenn man mir zu viel geben will, ohne etwas zu
verlangen. Es scheint mir das ein Köder zu sein.
Gewöhnlich ist die Sache umgekehrt. Die Regie
rung hat diesen Köder nicht als solchen erkannt.
Sie war natürlich auch verantwortlich. Das Land
hat gelitten. Man wollte nicht eine Möglichkeit
versäumen und nun ist Hals über. Kops gearbeitet
worden. Am 6. August Eingang, am 7. August
schon die Sitzung der telegraphisch einberufenen
Finanzkommission, am 10. August wieder Sitz
ung, am 14. schon wieder Sitzung. Der Regie
rungschef teilt mit, schon mache sich der Hunger
nach Geld im Lande bemerkbar und schon seien
Vorsteher vorstellig geworden beim Landtagsprä-!
sidenten, damit der Hauptverdienst in ihre Ge-.,
meinde komme. Am 19. August schon wieder Sitz
ung; dann kommt die ungünstige Information
über Sautier, die bescheiden am Schluß des Be
richtes steht u. u. a. heißt es: Wenn gewagte Ge
schäfte gelingen, so wird Sautier die Rechnung
finden. Tritt das Gegenteil ein, so wird die Ver
fassung immer schwächer. Die Mutter von Dr.
Sautier lebt noch. Sie ist Besitzerin einer wert
vollen Liegenschaft auf dem Wesemlin. Besonderes
Vertrauen mag man der, jetzigen Firma nicht
entgegenzubringen. Es sollen nicht immer ganz
einwandfreie Geschäfte abgeschlossen werden. 19.
August 1925. O. O.
Das war der Bericht, der am 19. oder 20. Aug.
eingekommen ist. Am 20. August war neue Sitz
ung. Man wollte nun noch etwas zögern und'
sich etwas erkundigen, aber das durfte man nicht,
das durfte nicht sein, daß man sich erkundigte
und deshalb telephonierte Herr Dr. Beck als der
Anwalt dieser Interessenten laut dem regierungs-
rätlichen Bericht auf Seite 27, daß sie nur noch
einmal an den Verhandlungstisch kommen, wenn
es heute zur Unterzeichnung komme. Der Herr
Schmidhauser sagte, jetzt hätten sie denn bald
genug. Unter dieser Drohung hat mau sich ein
schüchtern lassen und am 1. September 1925 ist
dieser, unheilvolle Lotterievertrag unterschrieben
worden. Das Schicksal hat seinen Gang genom-