Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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1928 durch listige Vorstellungen und Handlungen .die 
gesetzliche Vertretung der Spar- und Leihkasse des Für 
stentums Liechtenstein in Irrtum geführt. 
Mir müssen uns.präzis an das halten, was in 
der Anilage behauptet worden ist. Meine Herren, wel 
ches ist die gesetzliche Vertretung der Spar- und Leih 
kasse? Wer ist das? Wer vertritt die Spar- und Leih 
kasse? Der HerrThöny, und sonst kein -Mensch in der 
Welt. Es gibt keine andere Vertretung, als den Herrn 
Thöny. Hat sich nun der Herr Thöny durch listige 
Vorstellungen und Handlungen selbst getäuscht? Ja, der 
jenige, der die gesetzliche Vertretung der Spar- und Leih 
kasse in Irrtum führt, damit sic schädigende Handlungen 
vornimmt, der betrügt- Aber hier war ja Personeniden- 
dität. Ist im Jahre 1927 überhaupt etwas derartiges 
noch möglich gewesen? Die Sparkasse hat laut dem Ge 
setze, das der Herr Staatsanwalt mit mir noch einmal 
zusammen studiert, drei Organe, Organe! Die Anklage 
geht nicht dahin, der Herr Thöny habe die Organe 
der Bank getäuscht. Die Anklage geht dahin, daß die 
Vertretung der Bank getäuscht worden sei. Nach Artikel 
21' wird die Anstalt unter Mitwirkung und Aufsicht des 
Landtages und der Regierung durch eigene Organe ver 
waltet, verwaltet, nicht vertreten. Die Verwaltungsorgane 
der 'Anstalt sind der Verwaltungsrat, die Kontrollstelle 
und der Verwalter. Wer Vertreter sei, das steht im Ar 
tikel 29, Abs. 2: Der Verwalter leitet unter Aufsicht 
des Verwaltungsrates und des ständigen Ausschusses den 
Geschäftsbetrieb, führt die Beschlüsse des Verwaltungs 
rates und des ständigen Ausschusses durch und vertritt 
die Anstalt nach außen und im Verkehr mit der Kund 
schaft. Eine andere Vertretung der Landesbank kenne ich 
nicht. Ich bitte den Herrn Staatsanwalt wiederum, mir 
in der Replik eine andere Vertretung zu nennen, die 
von Herrn Thöny getäuscht worden ist, nicht ein Organ, 
die Vertretung, nicht eine Verwaltung, sondern die Ver 
tretung. 
Ich gebe zu, man hätte das anders machen kön 
nen in der Anklage. Aber ich habe mich mit der Anklage 
zu befassen, so wie sie dasteht und in der Anklage steht 
ausdrücklich: Vertretung! 
In Bezug auf diesen Verwaltungsrat habe ich vor 
allem festzustellen, daß seit dem Februar 1927 über 
haupt kein Verwaltungsrat mehr bestand und auch von 
März,..April 1927 an keine Kontrollstelle mehr da war. 
ES war gar keine Möglichkeit, keine gesetzliche Möglichkeit, 
einen Verwaltungsrat, eine Kontrollstelle zu täuschen^ 
wenn Man diese als Vertretung sogar anerkennen wollte. 
Ich habe bereits gesagt, da. find drei statt fünf Mit 
glieder gewählt gewesen. Die zwei andern hatten abgelehnt 
und Herr Dr. Beck hat auch die Wahl als Verwaltungs 
ratspräsident abgelehnt. Meine Herren, wenn nun der 
Herr Thöny gekommen wäre und gesagt hätte: Ich will 
eine Verwaltungsratssitzung einberufen haben und ich 
will in dieser Verwaltungsratssitzung Beschlüsse fassen las 
sen, so wäre gar kein Verwaltungsrat dagewesen, der be 
schlußfähig gewesen wäre. Artikel 26 des Sparkassegeset 
zes sagt: Der. Verwaltungsrat versammelt sich mindest 
einmal monatlich zu einer ordentlichen Sitzung. Außeror 
dentliche Sitzungen sönnen durch den Präsidenten je 
derzeit einberufen werden, und sind einzuberufen, wenn 
zwei 'Mitglieder des' Verwaltüngsrates^ oder der Verwal 
ter, oder ein Mitglied der Kontrollstelle es verlangen. 
Beschlußfassungen nach Art. 25, lit. g, und Beschluß 
fassungen, durch welche.Mittel der Anstalt m Beträgen 
von mehr als Zehntausend Franken (Fr. 10,009) en 
gagiert werden, sind nur zuläßig bei Anwesenheit, von füns 
Mitgliedern oder Ersatzmännern, und gelten als nicht zu 
standegekommen, wenn mehr als einer der Stimmberechtig 
ten sich dem Geschäftsabschlüße wiederseht. Im Üeb- 
rigen ist zu gültigen Verhandlungen die Anwesenheit von 
mindestens vier Mitgliedern oder Ersatzmännern erforder 
lich und die absolute Mehrheit der Stimmen entscheidet. 
Es bestand also gar keine Möglichkeit, soviel Leute zu 
sammenzubringen. Sie waren nicht da. Es war kein 
Präsident da. Das Organ fehlte. Dafür ist Herr Thöny 
nicht verantwortlich. Aber auch die Kontrollstelle war 
nicht mehr neu bestellt worden. Der Herr Thöny hatte 
gar leine Möglichkeit, die Kontrollstelle zu orientieren 
der eine Teil der Kontrollstelle, der -Herr Walser, war oh 
nehin orientiert. Der Treühandgesellschaft wurde näm 
lich kein Wahlakt mehr zugestellt und ich verweise Sie 
da auf die Berichte der Treuhandgesellschaft. 
Tie ostschweizerische Treuhandgesellschaft hat ihren 
letzten Bericht als iMlitglied der Kontrollstelle am 8. Mai 
1927 abgegeben. Dos ist in Aktenmappe 4,.Akt Nr. 214. 
Seite 626. Das ist das letzte Aktenstück, .das' die Treuhand 
gesellschaft als Kontrollstelle gegeben hat. Jawohl, das 
werde ich Ihnen sofort nachweisen. Die Treuhandstelle 
St. Gallen hat später doch noch revidiert, aber nichi 
mehr als Mitglied der Kontrollstelle der Londesbank, 
sondern als Organ des St. Gallischen Revisionsverban- 
des und in dieser Eigenschaft hat sie später geschrieben 
und weil da Zweifel sind, will ich Ihnen das schnell be 
weisen. Es interessiert das anscheinend auch andere Leute 
als die Herren Richter. > 
Während die früheren Berichte immer.überschrieben 
sind oder beginnen mit dem Ausdruck: Bericht der Kon 
trollstelle über die Revision bei der Spar- und Leih 
kasse für das Fürstentum Liechtenstein als Mitglied der 
Kontrollstelle usw., heißt es im 'Aktenstück 215: Till. 
Verwaltungsrat der Spar- und Leihkasse..., siehe Be 
richt in den Anlagen. 
Als Organ des Reoisionsverbandes. Und dann wei 
den der Bank Vorhalte gemacht vom Standpunkte des 
Revisionsverbandes aus: Aus Ihrer Zuigehörigkeit zum 
St. Gallischen Revisionsverbande.,. (siehe Bericht in 
den Anlagen). 
(Fortsetzung folgt.) 
Im Auftrage der fürstl. Regierung. 
Buchdruckerei Gutenberg, off. Handelsgesellschaft, 
- Schaan, —
	        

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