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Die Kontrollstelle, der Verivaltungsrat, hat: nicht gehandelt.
Sie haben nicht durch ihr Handeln diese 50 000 und diese
63 Ü00 Franken als Passiva der Bank verursacht. Die Sache
ist anders. Der Herr Thöny hat diese Schäden verursacht und
hat nachher Maßnahmen getroffen, damit diese von ihm
bereits verursachte Schädigung nicht bekannt geworden ist.
Die Täuschung ist nicht die Ursache des Schadens, sondern die
Täuschung ist die Folge der Schadenszufügung oder der Un
korrektheit. Die Täuschung wurde vorgenommen, um einen
bereits vollendeten Schaden zu verheimlichen. Das ist eine
Schutzmaßnahme des Täters für das, was er bereits getan
hat. Das ist nicht causal für den Schaden, denn wenn die
Bank nach drei Lagen, nach Monaten, oder nach -einem Jahr
das gesehen hätte, so wäre am Schaden nichts geändert wor
den. Also — soweit es sich handelt um die Bürgschaft —
liegt kein Betrug vor. Niemand'hat eine Bürgschaft einge
gangen außer er selbst. Man kann nicht behaupten, daß die
Bank 'veranlaßt worden sei, dadurch, daß er den Verwaltungs
rat getäuscht hat, eine Bürgschaft abzuschließen. Es wäre
möglich, wenn Thöny vor den Verwaltungsrat gegangen
wäre und gejagt hätte: „Hören Sie, ich habe die Bilanz der
Firma Walser und Brugger studiert; diese Firma steht gut,
man kann dieser Firma ganz ruhig eine. Bürgschaft von
50 000 Franken gewähren." Wenn er wieder besseres Wissen
dem Verwaltungsrat in den Irrtum versetzt und dadurch
veranlaßt hätte, sofort zu beschließen, es wird eine solche
Bürgschaft gegeben. Das wäre Betrug gewesen. Das hat er
nicht gemacht, sondern er hat von sich aus verfügt. Nach dem
deutschen und schweizerischen Strafrechte wäre er strafbar,
nach dem österreichischen aber nicht. Was er getan hat, ist
der Schutz seiner Person. Sofern man annimmt, daß er etwas
Strafbares getan hat oder Schutz gegen Vorwürfe, die nicht
berechtigt gewesen wären nach seiner Meinung. Also keine
Frrtumserregung als Causal-Moment. Hat Thöny die Ab
sicht gehabt, die Bank zu schädigen? Hatte er übevhaupt die
Idee, daß die Bank geschädigt werden sonnte ? Nein? Der
Thöny hatte bei dieser Bürgschaft die Ueberzeugung, es handle
sich um ein Geschäft, das keinerlei Risiko trug. Er hatte von
Walser, seinem Vorgesetzten, die Erklärung: „Das ist ein
gutes Geschäft, wir verdienen an diesem Spirituosengeschäft
100 Prozent." Herr Walser hat das bestätigt; auch Brugger
hat das bestätigt, daß er wenigstens von einzelnen Artikeln
zugibt, daß nian 100 Prozent verdienen kann. Als später
mehr Kredite gegeben, werden mußten oder die Bürgschaft -er
höht werden mußte, hat Brugger falsche Angaben gemacht.
Brugger hat den Thöny getäuscht. Ich glaube nicht, daß Wal
ser den Thöny getäuscht hat. Ich bin vielmehr überzeugt, daß
Walser auch daran geglaubt hat. Walser ist kein Geschäfts
mann, der sich so leicht verführen ließe durch große Hoff
nungen; er glaubte, ivas ihm gefällt. Aber Brugger hat genau
gewußt, daß das nicht stimmt, was er gesagt hat. Brugger
hat dem Thöny bewußt falsche Angäben gemacht; er hat ge
sagt, er brauche Kredit, um das Warenlager auf den Winter
zu erhöhen, während er das Geld brauchte, um vorhandene
Schulden zu bezahlen, sogar für Privatzwecke. Brugger hat
sich eines Betruges schuldig gemacht. Da ist das juristische
Bild ganz klar. Er hat in Thöny den Irrtum erweckt, daß
für-ein gutgehendes Geschäft Kredit gewünscht wird, um mehr
Borräte hereinzubringen. Durch diese Täuschung hat Brugger
den Thöny veranlaßt, ctivas zu unternehmen,. was dann
schließlich die Bank geschädigt hat. Thöny ist nicht der Be
trüger, sondern der Betrogene.' Die Zahlung an die Genossen-
chaftsbank ist keine Veruntreuung. Er hat nicht' etwas vor--
mthalten. Wie kann man behaupten, daß ein Bankverwalter
rer Bank etwas vorenthalte, wenn er für einen Dritten an
-eine Bank etwas bezahlt für einen Kunden, nämlich für
len Herrn Walser. Das ist doch nicht etwas Vorenthaltenes.
Ja, wenn er etwas herausgenommen hätte in der Meinung,
ich mache jetzt Walser ein Geschenk, ich, Franz Thöny, zahle
Schulden bei der Genossenschaftsbank und er nähme dazu
)as Geld der Sparkasse, dann hätte er sich einer Veruntreu
ung schuldig gemacht, weil er sich etwas angeeignet hat, um
Zwecke zu erfüllen, die dritten Personen am Herzen lagen.
Das hat er nicht getan. Die Bank hat bezahlt. Das war. eine,
nach seiner Meinung ganz ungefährliche Sache gegenüber
Walser. Die Beträge sind dann auch später bezahlt worden;
es sind keine Schäden daraus entstanden. Die verschiedenen
Konti des Walser sind ja abgedeckt worden, allerdings durch
Mittel, die auf unkorrektem Wege beschafft worden sind. Es
ist aber auch keine Schädigung entständen aus diesen Ope
rationen. Es ist ein Passivum der Firma Walser entstanden.
Dieses Passivum ist ssiäter bezahlt worden. Wenn ein Schaden
püter entstanden ist, dann ist er entstanden durch spätere Ma
nipulationen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.Aehn-
lich verhält es sich mit dem Fall Wolfszennen. Dort ist eine
Bürgschaft für die Hypothek übernommen worden. Man hat
selber eine Hypothek bekommen. Wenn die Hypothek heute
noch im Besitze der Bank wäre, hätte die Bank auch keinen
Schaden. Der Schaden ist entstanden, weil eine Hypothek ge
geben worden ist als Deckung an Zwicky; dort ist der Schaden
entstanden. Aber auch, wenn ein Schaden entstanden wäre, so
war das nicht, die Absicht Thönys und kein Dorenthalt von
Geldern der Bank. Es war jedenfalls auch kein Betrug. In
allen diesen Fällen handelte es sich um einfache, bedauerliche
Kompetenz-Ueberschreitungen.
Nun die zahlreichen Fälle, die Geschäfte, die vorgenom
men worden sind mit Walser, Beck und Carbone lind durch
Herrn Walser, Beck und Carbone. Anfangs November'1926
reiste Walser zu dem bekannten Zweck nach Rumänien. Er
will ein Absatzgebiet für die Zentrofag suchen für ihre Lose.
Für. die Reise brauchte er dringend Geld. Er wandte sich an
seinen Freund Thöny unr Mittel und ersuchte ihn, ihm 16 000
Franken zu geben; er stelle die Bürgschaft. Walser sagte,
Thöny solle nur mit seinem Vater reden, er müsse gleich fort.
Wenn Walser damals wußte, daß keine Bürgschaft geleistet
wird, wenn er das selber bewußt so arrangiert hätte, daß
er noch im letzten Moment zu Thöny ging und die Leicht- und
Gutgläubigkeit Thöny's benützt, und sagte, gib mir 15 000
Franken, du brauchst nur zum Vater zu gehen, er wird schon
Bürge sein, dann hätte Walser sich des.Betruges schuldig
gemacht. Thöny hat sich in diesem Falle aber keiner Verun-
treuung schuldig gemacht aus der rechtlichen Erwägung her
aus, die ich schon mehrfach wiederholte. Thöny hat diesen Be
trag auch verbucht. Es liegt auch-kein Betrug in der Konstruk
tion. War die. auch falsch. Als ob der Betrug darin liegt, als ob
die Allsgabe nicht verbucht worden wäre. Er hat das ja ver-
bu-cht. Wenn Thöny in diesem Falle 16 000 Franken Dar
lehen dem Walser gab, ungedeckt, und sich dadurch , des Be
truges schuldig gemacht haben soll, so verstehe ich nicht, warum
der Staatsanwalt nicht noch Dutzende von Anklageil erhoben
hat gegen Thöny. Denn Thöny hat eine ganz große Menge
ungedeckter Kredite gegeben. Der Staatsanwalt hat mit.Recht
anerkannt, daß das kein Betrrig war-, sondern ilur Nnkorrekt-
heiten, die ein Bank-Direktor nicht vornehmen soll, die aber