Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Die Kontrollstelle, der Verivaltungsrat, hat: nicht gehandelt. 
Sie haben nicht durch ihr Handeln diese 50 000 und diese 
63 Ü00 Franken als Passiva der Bank verursacht. Die Sache 
ist anders. Der Herr Thöny hat diese Schäden verursacht und 
hat nachher Maßnahmen getroffen, damit diese von ihm 
bereits verursachte Schädigung nicht bekannt geworden ist. 
Die Täuschung ist nicht die Ursache des Schadens, sondern die 
Täuschung ist die Folge der Schadenszufügung oder der Un 
korrektheit. Die Täuschung wurde vorgenommen, um einen 
bereits vollendeten Schaden zu verheimlichen. Das ist eine 
Schutzmaßnahme des Täters für das, was er bereits getan 
hat. Das ist nicht causal für den Schaden, denn wenn die 
Bank nach drei Lagen, nach Monaten, oder nach -einem Jahr 
das gesehen hätte, so wäre am Schaden nichts geändert wor 
den. Also — soweit es sich handelt um die Bürgschaft — 
liegt kein Betrug vor. Niemand'hat eine Bürgschaft einge 
gangen außer er selbst. Man kann nicht behaupten, daß die 
Bank 'veranlaßt worden sei, dadurch, daß er den Verwaltungs 
rat getäuscht hat, eine Bürgschaft abzuschließen. Es wäre 
möglich, wenn Thöny vor den Verwaltungsrat gegangen 
wäre und gejagt hätte: „Hören Sie, ich habe die Bilanz der 
Firma Walser und Brugger studiert; diese Firma steht gut, 
man kann dieser Firma ganz ruhig eine. Bürgschaft von 
50 000 Franken gewähren." Wenn er wieder besseres Wissen 
dem Verwaltungsrat in den Irrtum versetzt und dadurch 
veranlaßt hätte, sofort zu beschließen, es wird eine solche 
Bürgschaft gegeben. Das wäre Betrug gewesen. Das hat er 
nicht gemacht, sondern er hat von sich aus verfügt. Nach dem 
deutschen und schweizerischen Strafrechte wäre er strafbar, 
nach dem österreichischen aber nicht. Was er getan hat, ist 
der Schutz seiner Person. Sofern man annimmt, daß er etwas 
Strafbares getan hat oder Schutz gegen Vorwürfe, die nicht 
berechtigt gewesen wären nach seiner Meinung. Also keine 
Frrtumserregung als Causal-Moment. Hat Thöny die Ab 
sicht gehabt, die Bank zu schädigen? Hatte er übevhaupt die 
Idee, daß die Bank geschädigt werden sonnte ? Nein? Der 
Thöny hatte bei dieser Bürgschaft die Ueberzeugung, es handle 
sich um ein Geschäft, das keinerlei Risiko trug. Er hatte von 
Walser, seinem Vorgesetzten, die Erklärung: „Das ist ein 
gutes Geschäft, wir verdienen an diesem Spirituosengeschäft 
100 Prozent." Herr Walser hat das bestätigt; auch Brugger 
hat das bestätigt, daß er wenigstens von einzelnen Artikeln 
zugibt, daß nian 100 Prozent verdienen kann. Als später 
mehr Kredite gegeben, werden mußten oder die Bürgschaft -er 
höht werden mußte, hat Brugger falsche Angaben gemacht. 
Brugger hat den Thöny getäuscht. Ich glaube nicht, daß Wal 
ser den Thöny getäuscht hat. Ich bin vielmehr überzeugt, daß 
Walser auch daran geglaubt hat. Walser ist kein Geschäfts 
mann, der sich so leicht verführen ließe durch große Hoff 
nungen; er glaubte, ivas ihm gefällt. Aber Brugger hat genau 
gewußt, daß das nicht stimmt, was er gesagt hat. Brugger 
hat dem Thöny bewußt falsche Angäben gemacht; er hat ge 
sagt, er brauche Kredit, um das Warenlager auf den Winter 
zu erhöhen, während er das Geld brauchte, um vorhandene 
Schulden zu bezahlen, sogar für Privatzwecke. Brugger hat 
sich eines Betruges schuldig gemacht. Da ist das juristische 
Bild ganz klar. Er hat in Thöny den Irrtum erweckt, daß 
für-ein gutgehendes Geschäft Kredit gewünscht wird, um mehr 
Borräte hereinzubringen. Durch diese Täuschung hat Brugger 
den Thöny veranlaßt, ctivas zu unternehmen,. was dann 
schließlich die Bank geschädigt hat. Thöny ist nicht der Be 
trüger, sondern der Betrogene.' Die Zahlung an die Genossen- 
chaftsbank ist keine Veruntreuung. Er hat nicht' etwas vor-- 
mthalten. Wie kann man behaupten, daß ein Bankverwalter 
rer Bank etwas vorenthalte, wenn er für einen Dritten an 
-eine Bank etwas bezahlt für einen Kunden, nämlich für 
len Herrn Walser. Das ist doch nicht etwas Vorenthaltenes. 
Ja, wenn er etwas herausgenommen hätte in der Meinung, 
ich mache jetzt Walser ein Geschenk, ich, Franz Thöny, zahle 
Schulden bei der Genossenschaftsbank und er nähme dazu 
)as Geld der Sparkasse, dann hätte er sich einer Veruntreu 
ung schuldig gemacht, weil er sich etwas angeeignet hat, um 
Zwecke zu erfüllen, die dritten Personen am Herzen lagen. 
Das hat er nicht getan. Die Bank hat bezahlt. Das war. eine, 
nach seiner Meinung ganz ungefährliche Sache gegenüber 
Walser. Die Beträge sind dann auch später bezahlt worden; 
es sind keine Schäden daraus entstanden. Die verschiedenen 
Konti des Walser sind ja abgedeckt worden, allerdings durch 
Mittel, die auf unkorrektem Wege beschafft worden sind. Es 
ist aber auch keine Schädigung entständen aus diesen Ope 
rationen. Es ist ein Passivum der Firma Walser entstanden. 
Dieses Passivum ist ssiäter bezahlt worden. Wenn ein Schaden 
püter entstanden ist, dann ist er entstanden durch spätere Ma 
nipulationen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.Aehn- 
lich verhält es sich mit dem Fall Wolfszennen. Dort ist eine 
Bürgschaft für die Hypothek übernommen worden. Man hat 
selber eine Hypothek bekommen. Wenn die Hypothek heute 
noch im Besitze der Bank wäre, hätte die Bank auch keinen 
Schaden. Der Schaden ist entstanden, weil eine Hypothek ge 
geben worden ist als Deckung an Zwicky; dort ist der Schaden 
entstanden. Aber auch, wenn ein Schaden entstanden wäre, so 
war das nicht, die Absicht Thönys und kein Dorenthalt von 
Geldern der Bank. Es war jedenfalls auch kein Betrug. In 
allen diesen Fällen handelte es sich um einfache, bedauerliche 
Kompetenz-Ueberschreitungen. 
Nun die zahlreichen Fälle, die Geschäfte, die vorgenom 
men worden sind mit Walser, Beck und Carbone lind durch 
Herrn Walser, Beck und Carbone. Anfangs November'1926 
reiste Walser zu dem bekannten Zweck nach Rumänien. Er 
will ein Absatzgebiet für die Zentrofag suchen für ihre Lose. 
Für. die Reise brauchte er dringend Geld. Er wandte sich an 
seinen Freund Thöny unr Mittel und ersuchte ihn, ihm 16 000 
Franken zu geben; er stelle die Bürgschaft. Walser sagte, 
Thöny solle nur mit seinem Vater reden, er müsse gleich fort. 
Wenn Walser damals wußte, daß keine Bürgschaft geleistet 
wird, wenn er das selber bewußt so arrangiert hätte, daß 
er noch im letzten Moment zu Thöny ging und die Leicht- und 
Gutgläubigkeit Thöny's benützt, und sagte, gib mir 15 000 
Franken, du brauchst nur zum Vater zu gehen, er wird schon 
Bürge sein, dann hätte Walser sich des.Betruges schuldig 
gemacht. Thöny hat sich in diesem Falle aber keiner Verun- 
treuung schuldig gemacht aus der rechtlichen Erwägung her 
aus, die ich schon mehrfach wiederholte. Thöny hat diesen Be 
trag auch verbucht. Es liegt auch-kein Betrug in der Konstruk 
tion. War die. auch falsch. Als ob der Betrug darin liegt, als ob 
die Allsgabe nicht verbucht worden wäre. Er hat das ja ver- 
bu-cht. Wenn Thöny in diesem Falle 16 000 Franken Dar 
lehen dem Walser gab, ungedeckt, und sich dadurch , des Be 
truges schuldig gemacht haben soll, so verstehe ich nicht, warum 
der Staatsanwalt nicht noch Dutzende von Anklageil erhoben 
hat gegen Thöny. Denn Thöny hat eine ganz große Menge 
ungedeckter Kredite gegeben. Der Staatsanwalt hat mit.Recht 
anerkannt, daß das kein Betrrig war-, sondern ilur Nnkorrekt- 
heiten, die ein Bank-Direktor nicht vornehmen soll, die aber
	        

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