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die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes ver
letzt. .Der Präsident des Verwaltungsrates als
rechtskundiger Mann und mit allen einschlägigen
Verhältnissen' vertraut, mutzte wissen, welche un
geheure Tragweite dieser Beschlutzfassung zukam
und welche schwerwiegenden Folgen und Konse
quenzen damit verbunden sein könnten, und wie
sich später zeigte, auch tatsächlich verbunden wa
ren. Ich wünsche dem Herrn Präsidenten des
Verwaltungsrates bestimmt nichts schlechtes. Ich
wünsch, man hätte ihm von Vorneherein eine halbe
Million geschenkt gegen den Verzicht auf diese
Präsidentschaft. Von mir aus kann er auch in
den Himmel kommen, aber rechtbald um eine sol
che Präsidentschaft möge er sich lieber nicht mehr
umsehen. Die Herren hätten doch zum mindesten
einen einschränkenden Zusatz machen sollen hin
sichtlich der Wechselunterschrift. Dann wäre al
les das unterblieben. Dann wäre auch im Han
delsregister diese Beschränkung ersichtlich gewe
sen und dann wäre alles nicht so gekommen. Der
Handelsrogisterauszug hätte dann nicht gelautet:
Einzig und allein zeichnungsberechtigt ist für die
Sparkasse in Vaduz der Verwalter Thönh. —
Dr. Budschedl: 3hm habe ich noch von der Eintragung
im Handelsregister zu sprechen. In der Verwaltungsrats.
Ausschußsihung v. 28. Juli 1926 wurde die Eintragung der
Spar- und Leihkasse in das Handelsregister beschlossen und
der Verwaltlingsrat ermächtigt, alle nötigen Schritte zur
Eintragung in das Handelsregister unter Hinweis auf die
Bestimmungen des § 948 und 63 des Personen- und Gcsell-
schaftSrechtes zu unternehme». Die Eintragung i» das Han
delsregister wurde vom Vcrwaltungsrat auch unter dem 31.
Juli 1926 beantragt. Als Vertreter der Anstalt wurde in
dieser Anmeldung der Verwalter, derzeit Franz Thöny ge
nannt. Der fürstlichen Regierung war bei der. Stellung des
Antrages auf Eintragung der Spar- und Leihkasse in das
Handelsregister meines Erachtens, wenigstens mutz ich es an
nehmen, nichts bekannt, da die bezüglichen Vcrwaltungsrats-
beschlüsse geseb- und reglcnientswidrig ergangen waren. Es
war ihr zweifellos nicht bekannt, das; bei der Verwaltungs-
ratssitzung vorn 9. Mai 1925 nur drei Mitglieder anwesend
gewesen waren, datz somit diese Sitzung überhaupt nicht- be
schlußfähig war und auch durch die nachträgliche Genehmi
gung dieses Eintragungsgesuches wurde die Ungültigkeit des
in dieser Sitzung gefaßten Beschlusses und die Verantwortlich
keit, der Personen, die diesen Beschluß gefaßt haben, nicht
aufgehoben. Im übrigen war aber die Regierung verpflichtet,
auch dieses Eintragungsgesuch auf seine- Gesetzmäßigkeit zu
überprüfen. Hätte aber die Regierung gewußt, daß dieser
Beschluß gcsetz- und rcglementswidrig zustande gekommen
war, so würde sie sich selbst, wenigstens teilweise zivilrechtlich
mitverantwortlich gemacht haben für die Begangenschafte»,
für den Schaden, der da angerichtet wurde.
Nun komme ich zu einer weiteren Frage, zur gründlichen
Beurteilung der Handlungsweise der Angeklagten, imd diese
Frage lautet: Was wußte der Verwaltungsrat und was wußte
der Verwaltungsratspräsident? Die beiden wußten, daß Ver
walter Thöny nicht der geeignete Mann sei, einläßlich hat
die Ostschweizerische Treuhandgesellschaft darauf hingewiesen,
an diese Stelle als Verwalter gehöre ein erfahrener Bank-
achmann. Sie wußten, daß Walser Mitglied der Kontroll-
telle war, sie wußten, daß Walser über Jahr und Tag in
Rumänien sich aufhielt, mit angeblich im Interesse des Lan
des Geschäfte zu mächen. Es wurde wiederholt in der Oeffent-
lichkeit vor Walser gewarnt, daß man ihn zum Kontrollorgan
gemacht hatte. Aber alle diese Warnungen, welche nicht die
Billigung der damals Regierenden fanden, wurden einfach
in der Presse niedergeknüppelt, niundtot geniacht und als
Hetzerei verschrien. Der Vcrwaltungsrat und dessen Präsi
dent wußten aus den Kontrollbcrichtcn der Trcuhandgcscll-
schaft, daß unbedingt auf Kollektivzcichniuig bestanden werden
müsse und daß die Trcuhandgescllschaft vielleicht ihre Tätig-
keit gar nicht mehr ausüben werde, wenn dies nicht geschehe.
Der Vcrwaltungsrat und dessen Präsident wußten aus den
Berichten der Jahre 1925 insbesondere und teilweise auch
1926, daß die Qstschwciz. Trcuhandgescllschaft eine große An
zahl von Kreditpositionen beanstandet hatte. Sie wußten fer
ner, daß 'ihnen die Beaufsichtigung der gesamten Geschäfts
führung oblag, daß für sic die Pflicht bestand, eine viertel-
jährige Kontrolle durchzuführen. Die Ostschweizerische Treu-
handgescllschaft hat in ihren Berichten ausdrücklich daraus ,
hingewiesen, daß diese Aufgabe in erster Linie vom Vcrwal-
tnngsrat erfüllt werden müsse, der Vcrwaltungsrat und der
Präsident des Verwältungsratcs wußten und mußten wissen,
daß irn Gesetz, irr Art. 26 und in Art. 66 des Geschäftsregle,
mcnts vorgeschrieben war, daß sich der Vcrwaltungsrat min
destens monatlich einmal zu versammeln hatte, daß zur Be
schlußfähigkeit und zur Gültigkeit der vom Verwaltlingsrat
gefaßten Beschlüsse die Anwesenheit von mindestens vier Mit
gliedern erforderlich war. Aber der Verwaltlingsrat und auch
dessell Präsident wlißten noch viel mehr, oder hätten »och
viel mehr wissen müssen. Sic bekäme» eine Menge War-
nungssignalc: das erste Warnlingssignal war der Kontröll-
bericht des Jahres 1925. Schon dort wurde auf eine Reihe j
von Positionen hingewiesen. Er wurde vom Verwaltlingsrat
ad acta gelegt. Das zweite Warnungssignal war die Mittei-
lung des Stefan Ritter in der VcrwaltungsratSsitzung vom
27. April 1927. Der Angeklagte Thöny gibt selbst zu in
seiner Dcrantwortling, Stefan Ritter habe damals einen gro
ßen Fehler gemacht, daß er seinen Gewährsmann nicht ge-
nannt habe, sonst wären damals schon die ganze» Machen
schaften ausgekommen. Es ist auch das ein Glied in der von
mir beschriebenen Kette. Das dritte Warnlingssignal war
die Mitteilung des Rcchtsagentcn Bühler im Cafe Real über
im Umlauf befindliche Wechsel der Landesbank für 100 000
Franken. David Bühler erntete alles eher, als de» geringsten
Dank. Das vierte WanuingSsignal war der Kontrollbericht
des Jahres 1926, der dem Hrn. Verwaltuugsratspräsidenten
rekommandiert zugegangen war. Er Wierde ebenfalls nicht
beachtet, angeblich, weil Thöny es verstanden habe, diesen
Bericht den Kanzlciangestelltcn des Vcrwaltungsrates heraus
zu locken. Ob diese Angabe des Thöny richtig ist. muß viel
leicht noch eine spätere Untersuchung ergeben. Das fünfte
Warnungssignal waren die. Mitteilungen des Direktors
Schrcdt über äußerst verdäck;tigc Anfragen über die Landes
bank und die Aufkündigung bczw: die Reduzierung des Kre
dites von 400 000 auf 100 000 Franken. Das war am 24.
Februar 1928. Damit hat cs richtigcrwcisc folgende Bewandt
nis. Mit Ende 1927 war der Kredit, den die Bank in Liech
tenstein der Sparkasse gewährt hatte, voll ausgenützt. Nach
den Depositioncn des Zeugen Direktor Schrcdt in der Vor
untersuchung, war der Bank von Liechtenstein aus der Anleihe