Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes ver 
letzt. .Der Präsident des Verwaltungsrates als 
rechtskundiger Mann und mit allen einschlägigen 
Verhältnissen' vertraut, mutzte wissen, welche un 
geheure Tragweite dieser Beschlutzfassung zukam 
und welche schwerwiegenden Folgen und Konse 
quenzen damit verbunden sein könnten, und wie 
sich später zeigte, auch tatsächlich verbunden wa 
ren. Ich wünsche dem Herrn Präsidenten des 
Verwaltungsrates bestimmt nichts schlechtes. Ich 
wünsch, man hätte ihm von Vorneherein eine halbe 
Million geschenkt gegen den Verzicht auf diese 
Präsidentschaft. Von mir aus kann er auch in 
den Himmel kommen, aber rechtbald um eine sol 
che Präsidentschaft möge er sich lieber nicht mehr 
umsehen. Die Herren hätten doch zum mindesten 
einen einschränkenden Zusatz machen sollen hin 
sichtlich der Wechselunterschrift. Dann wäre al 
les das unterblieben. Dann wäre auch im Han 
delsregister diese Beschränkung ersichtlich gewe 
sen und dann wäre alles nicht so gekommen. Der 
Handelsrogisterauszug hätte dann nicht gelautet: 
Einzig und allein zeichnungsberechtigt ist für die 
Sparkasse in Vaduz der Verwalter Thönh. — 
Dr. Budschedl: 3hm habe ich noch von der Eintragung 
im Handelsregister zu sprechen. In der Verwaltungsrats. 
Ausschußsihung v. 28. Juli 1926 wurde die Eintragung der 
Spar- und Leihkasse in das Handelsregister beschlossen und 
der Verwaltlingsrat ermächtigt, alle nötigen Schritte zur 
Eintragung in das Handelsregister unter Hinweis auf die 
Bestimmungen des § 948 und 63 des Personen- und Gcsell- 
schaftSrechtes zu unternehme». Die Eintragung i» das Han 
delsregister wurde vom Vcrwaltungsrat auch unter dem 31. 
Juli 1926 beantragt. Als Vertreter der Anstalt wurde in 
dieser Anmeldung der Verwalter, derzeit Franz Thöny ge 
nannt. Der fürstlichen Regierung war bei der. Stellung des 
Antrages auf Eintragung der Spar- und Leihkasse in das 
Handelsregister meines Erachtens, wenigstens mutz ich es an 
nehmen, nichts bekannt, da die bezüglichen Vcrwaltungsrats- 
beschlüsse geseb- und reglcnientswidrig ergangen waren. Es 
war ihr zweifellos nicht bekannt, das; bei der Verwaltungs- 
ratssitzung vorn 9. Mai 1925 nur drei Mitglieder anwesend 
gewesen waren, datz somit diese Sitzung überhaupt nicht- be 
schlußfähig war und auch durch die nachträgliche Genehmi 
gung dieses Eintragungsgesuches wurde die Ungültigkeit des 
in dieser Sitzung gefaßten Beschlusses und die Verantwortlich 
keit, der Personen, die diesen Beschluß gefaßt haben, nicht 
aufgehoben. Im übrigen war aber die Regierung verpflichtet, 
auch dieses Eintragungsgesuch auf seine- Gesetzmäßigkeit zu 
überprüfen. Hätte aber die Regierung gewußt, daß dieser 
Beschluß gcsetz- und rcglementswidrig zustande gekommen 
war, so würde sie sich selbst, wenigstens teilweise zivilrechtlich 
mitverantwortlich gemacht haben für die Begangenschafte», 
für den Schaden, der da angerichtet wurde. 
Nun komme ich zu einer weiteren Frage, zur gründlichen 
Beurteilung der Handlungsweise der Angeklagten, imd diese 
Frage lautet: Was wußte der Verwaltungsrat und was wußte 
der Verwaltungsratspräsident? Die beiden wußten, daß Ver 
walter Thöny nicht der geeignete Mann sei, einläßlich hat 
die Ostschweizerische Treuhandgesellschaft darauf hingewiesen, 
an diese Stelle als Verwalter gehöre ein erfahrener Bank- 
achmann. Sie wußten, daß Walser Mitglied der Kontroll- 
telle war, sie wußten, daß Walser über Jahr und Tag in 
Rumänien sich aufhielt, mit angeblich im Interesse des Lan 
des Geschäfte zu mächen. Es wurde wiederholt in der Oeffent- 
lichkeit vor Walser gewarnt, daß man ihn zum Kontrollorgan 
gemacht hatte. Aber alle diese Warnungen, welche nicht die 
Billigung der damals Regierenden fanden, wurden einfach 
in der Presse niedergeknüppelt, niundtot geniacht und als 
Hetzerei verschrien. Der Vcrwaltungsrat und dessen Präsi 
dent wußten aus den Kontrollbcrichtcn der Trcuhandgcscll- 
schaft, daß unbedingt auf Kollektivzcichniuig bestanden werden 
müsse und daß die Trcuhandgescllschaft vielleicht ihre Tätig- 
keit gar nicht mehr ausüben werde, wenn dies nicht geschehe. 
Der Vcrwaltungsrat und dessen Präsident wußten aus den 
Berichten der Jahre 1925 insbesondere und teilweise auch 
1926, daß die Qstschwciz. Trcuhandgescllschaft eine große An 
zahl von Kreditpositionen beanstandet hatte. Sie wußten fer 
ner, daß 'ihnen die Beaufsichtigung der gesamten Geschäfts 
führung oblag, daß für sic die Pflicht bestand, eine viertel- 
jährige Kontrolle durchzuführen. Die Ostschweizerische Treu- 
handgescllschaft hat in ihren Berichten ausdrücklich daraus , 
hingewiesen, daß diese Aufgabe in erster Linie vom Vcrwal- 
tnngsrat erfüllt werden müsse, der Vcrwaltungsrat und der 
Präsident des Verwältungsratcs wußten und mußten wissen, 
daß irn Gesetz, irr Art. 26 und in Art. 66 des Geschäftsregle, 
mcnts vorgeschrieben war, daß sich der Vcrwaltungsrat min 
destens monatlich einmal zu versammeln hatte, daß zur Be 
schlußfähigkeit und zur Gültigkeit der vom Verwaltlingsrat 
gefaßten Beschlüsse die Anwesenheit von mindestens vier Mit 
gliedern erforderlich war. Aber der Verwaltlingsrat und auch 
dessell Präsident wlißten noch viel mehr, oder hätten »och 
viel mehr wissen müssen. Sic bekäme» eine Menge War- 
nungssignalc: das erste Warnlingssignal war der Kontröll- 
bericht des Jahres 1925. Schon dort wurde auf eine Reihe j 
von Positionen hingewiesen. Er wurde vom Verwaltlingsrat 
ad acta gelegt. Das zweite Warnungssignal war die Mittei- 
lung des Stefan Ritter in der VcrwaltungsratSsitzung vom 
27. April 1927. Der Angeklagte Thöny gibt selbst zu in 
seiner Dcrantwortling, Stefan Ritter habe damals einen gro 
ßen Fehler gemacht, daß er seinen Gewährsmann nicht ge- 
nannt habe, sonst wären damals schon die ganze» Machen 
schaften ausgekommen. Es ist auch das ein Glied in der von 
mir beschriebenen Kette. Das dritte Warnlingssignal war 
die Mitteilung des Rcchtsagentcn Bühler im Cafe Real über 
im Umlauf befindliche Wechsel der Landesbank für 100 000 
Franken. David Bühler erntete alles eher, als de» geringsten 
Dank. Das vierte WanuingSsignal war der Kontrollbericht 
des Jahres 1926, der dem Hrn. Verwaltuugsratspräsidenten 
rekommandiert zugegangen war. Er Wierde ebenfalls nicht 
beachtet, angeblich, weil Thöny es verstanden habe, diesen 
Bericht den Kanzlciangestelltcn des Vcrwaltungsrates heraus 
zu locken. Ob diese Angabe des Thöny richtig ist. muß viel 
leicht noch eine spätere Untersuchung ergeben. Das fünfte 
Warnungssignal waren die. Mitteilungen des Direktors 
Schrcdt über äußerst verdäck;tigc Anfragen über die Landes 
bank und die Aufkündigung bczw: die Reduzierung des Kre 
dites von 400 000 auf 100 000 Franken. Das war am 24. 
Februar 1928. Damit hat cs richtigcrwcisc folgende Bewandt 
nis. Mit Ende 1927 war der Kredit, den die Bank in Liech 
tenstein der Sparkasse gewährt hatte, voll ausgenützt. Nach 
den Depositioncn des Zeugen Direktor Schrcdt in der Vor 
untersuchung, war der Bank von Liechtenstein aus der Anleihe
	        

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