Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Eine weitere Folge blieb zurück, eine außer 
ordentlich schwere Kroditschädigung. 
Angesichts all dieser Wirkungen, dieser gro 
ßen Summen, die da verloren gegangen sind, — 
der Verlust hätte auch über 6 Millionen und noch 
mehr betragen können, — muß man sich fragen: 
Hat das schwer geschädigte Land, hat die schwerge 
schädigte Landesbank kein Recht, sich hier an die 
sem Verfahren zu beteiligen, wo schon dieses Recht 
in den Gesetzen verankert ist? Da würde sich doch 
wohl alles aushören. Müssen wir uns sagen las 
sen: Sparkasse, Land, du bist zwar betrogen wor 
den, schwer betrogen worden, in der rasfinier'te- 
sten Weise betrogen worden, aber trotzdem hast 
du nichts mitzureden hier, schweige, das geht dich 
gar nichts an, das ist längst vorbei, dazu ist der 
Staatsanwalt da. Braucht wohl vielleicht der 
Staatsanwalt eine Unterstützung? Nein, er braucht 
keine Unterstützung, er hat seine Anklage selbst 
hier vertreten. Es besteht aber eine genaue Kom 
petenztrennung. Deshalb lassen wir uns das Mit 
reden nicht verbieten, deshalb bedauern wir die 
öffentlichen Anpöbelungen und überlassen die Be 
urteilung darüber der gerecht denkenden Bevöl 
kerung des Landes, die noch auf Anstand und Eh 
re hält. 
Warum hat sich das Land und die Sparkasse 
diesem Verfahren angeschlossen? Sie hat sich an 
geschlossen einerseits, um zur Klärung des Sach 
verhaltes beizutragen, um alle Motive, Ursachen,' 
Quellen und Begleitumstände zu erfahren, die 
zur richtigen Beurteilung der Schuldsrage er 
forderlich sind, um die Wahrheit zu erforschen, 
und andererseits hat sie sich angeschlossen, um 
durch ein Urteil über die privatrechtlichen Ansprü 
che hier entscheiden zu lassen, um die Grundlagen 
zu schaffen für die Verfolgung aller ihrer zi 
vilrechtlichen Ansprüche sowohl gegen die Ange 
klagten als auch gegen jene Personen, welche, wenn 
auch nicht strafrechtlich, so doch zivilrechtlich für 
den angerichteten Schaden mitverantwortlich sind. 
Im Grunde des Artikels 30 des Liechtenstei- 
1 Nischen Landesgesetzes und im Grund des Artikels 
75 des Geschüftsreglementes sind Bestimmungen 
verankert, wonach diejenigen Personen, die hiefür 
bestellt wurden, zur Verantwortung gezogen wer- 
[ den können. Gesetze werden doch zweifellos ge- 
[ macht, nicht daß sie irgendwo verstauben, sondern 
daß sie Anwendung finden. So besagt Artikel 30: 
I Mitglieder des Verwaltungsrates.... (liest) 
[..... verantwortlich. 
[ Artike. 75 sagt: .... (lieft) 
I.... verursachten Schaden. 
[ Ich muß hier erwähnen: es läuft selbstver- 
[ stündlich eine Zivilklage gegen die schüldtragenden 
[ Verwaltungsräte und die Zivilklage läuft in An- 
k Wendung dieser gesetzlichen Bestimmungen. Es 
k werden, wenn nicht eine gütliche Einigung er- 
r zielt werden sollte, wahrscheinlich noch weitere 
»Klagen gegen die zivilrechtlich verantwortlichen 
»Personen erhoben werden, wenn es auch nicht er- 
“ wünscht sein mag. Wir brauchen hier ein Urteil 
gegen ^.ie Hauptangeklagten, gegen die Haupt 
arrangeure, damit uns die Zivilbeklagten, die 
Nebenarrangeure nicht einwenden können. Haltet 
Euch zuerst an die Hauptangeklagten! Wir brau 
chen ein Urteil über die privatrechtlichen Ansprü 
che in. diesem Strafprozeß, damit uns die Neben 
arrangeure nichts einzuwenden vermögen: Ihr 
habt gegen die Hauptangeklagten noch nichts ge 
tan. Wir brauchen deshalb ein Urteil, damit wir 
den Nachweis erbringen können, daß wir einen 
Exekutionstitel haben, daß wir von den Angeklag 
ten nichts hereinbringen können, daß wir vergeb 
lich Exekution geführt haben. Wir brauchen ein 
Urteil auch deshalb, damit wir uns einen zweiten 
Prozeß der hier Beklagten wegen der privatrecht 
lichen Ansprüche wenn möglich ersparen können. 
Wenn wir nun vor unserem geistigen Auge 
die Uebeltaten der vier. Angeklagten vorüberzie 
hen lassen, wenn wir an die 55 Transaktionen 
denken, es können natürlich auch noch viel mehr 
gewesen sein, — so greift man sich unwillkürlich 
an den Kopf und sagt sich: -Wie war diese un 
unterbrochene Reihe von Betrügereien überhaupt 
denkbar und möglich? Wie konnten sie denn vor 
den Augen der hier Verantwortlichen und vor 
den Augen der ganzen Welt geschehen und damit 
sind wir an einem sehr wichtigen Punkt ange 
langt? 
N Nur durch das gleichzeitige gemeinsame un 
unterbrochene -Zusammenwirken verschiedener Fak 
toren. von denen keiner weggedacht werden kann, 
ohne daß auch die Verbrechen weggedacht werden 
müßten, nur durch dieses Zusammenwirken sind 
diese Verbrechen überhaupt möglich geworden. Ich 
will beispielsweise erwähnen, ein solcher Faktor 
war natürlich Thönh. Wäre Thönh nicht Ver 
walter der Sparkasse gewesen, wären die Betrü 
gereien sicher nicht vorgekommen. Ein solcher Fak 
tor war auch die Klassenlotterie. Wäre die Klas 
senlotterie nicht gewesen, wäre niemand auf den 
unsinniges Gedanken gekommen, die Klassenlotte 
rie aus rumänischen Boden zu verpflanzen. Ein 
solcher Faktor war natürlich auch Nico Beck. Denn 
Nico Beck hat Carbone gebracht. Ein solcher Fak 
tor war die Erteilung der Einzelzeichnungsbe 
rechtigung an den Verwalter Thönh. Ein solcher 
Faktor war die Unterschrifts-Beglaubigung 
durch die Regierungskanzlei. Ein solcher Faktor 
ist auch die Nichtveranlassung der sofortigen Ver 
haftung, am 30. März 1928, als die Betrügerei 
en ausgekommen waren. Nur durch das gleich 
zeitige Zusammenwirken all dieser Faktoren, das 
mutz zur Aufklärung, hier gesagt werden, damit 
die Handlungen der Angeklagten einer gerechte 
ren Verurteilung zugeführt werden, sind diese 
Uebeltaten überhaupt möglich geworden. 
Es Mht nicht an, mit dem Schlagwort Politik 
einfach alles zuzudecken. Es sind die Faktoren, die 
im Zuge der Verhandlungen auch hier zur Spra 
che gekommen sind. 
Und nun komme ich zu den vier Angeklagten: 
Der Wind hätte dieses vierblätterige Unglücks-
	        

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