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Eine weitere Folge blieb zurück, eine außer
ordentlich schwere Kroditschädigung.
Angesichts all dieser Wirkungen, dieser gro
ßen Summen, die da verloren gegangen sind, —
der Verlust hätte auch über 6 Millionen und noch
mehr betragen können, — muß man sich fragen:
Hat das schwer geschädigte Land, hat die schwerge
schädigte Landesbank kein Recht, sich hier an die
sem Verfahren zu beteiligen, wo schon dieses Recht
in den Gesetzen verankert ist? Da würde sich doch
wohl alles aushören. Müssen wir uns sagen las
sen: Sparkasse, Land, du bist zwar betrogen wor
den, schwer betrogen worden, in der rasfinier'te-
sten Weise betrogen worden, aber trotzdem hast
du nichts mitzureden hier, schweige, das geht dich
gar nichts an, das ist längst vorbei, dazu ist der
Staatsanwalt da. Braucht wohl vielleicht der
Staatsanwalt eine Unterstützung? Nein, er braucht
keine Unterstützung, er hat seine Anklage selbst
hier vertreten. Es besteht aber eine genaue Kom
petenztrennung. Deshalb lassen wir uns das Mit
reden nicht verbieten, deshalb bedauern wir die
öffentlichen Anpöbelungen und überlassen die Be
urteilung darüber der gerecht denkenden Bevöl
kerung des Landes, die noch auf Anstand und Eh
re hält.
Warum hat sich das Land und die Sparkasse
diesem Verfahren angeschlossen? Sie hat sich an
geschlossen einerseits, um zur Klärung des Sach
verhaltes beizutragen, um alle Motive, Ursachen,'
Quellen und Begleitumstände zu erfahren, die
zur richtigen Beurteilung der Schuldsrage er
forderlich sind, um die Wahrheit zu erforschen,
und andererseits hat sie sich angeschlossen, um
durch ein Urteil über die privatrechtlichen Ansprü
che hier entscheiden zu lassen, um die Grundlagen
zu schaffen für die Verfolgung aller ihrer zi
vilrechtlichen Ansprüche sowohl gegen die Ange
klagten als auch gegen jene Personen, welche, wenn
auch nicht strafrechtlich, so doch zivilrechtlich für
den angerichteten Schaden mitverantwortlich sind.
Im Grunde des Artikels 30 des Liechtenstei-
1 Nischen Landesgesetzes und im Grund des Artikels
75 des Geschüftsreglementes sind Bestimmungen
verankert, wonach diejenigen Personen, die hiefür
bestellt wurden, zur Verantwortung gezogen wer-
[ den können. Gesetze werden doch zweifellos ge-
[ macht, nicht daß sie irgendwo verstauben, sondern
daß sie Anwendung finden. So besagt Artikel 30:
I Mitglieder des Verwaltungsrates.... (liest)
[..... verantwortlich.
[ Artike. 75 sagt: .... (lieft)
I.... verursachten Schaden.
[ Ich muß hier erwähnen: es läuft selbstver-
[ stündlich eine Zivilklage gegen die schüldtragenden
[ Verwaltungsräte und die Zivilklage läuft in An-
k Wendung dieser gesetzlichen Bestimmungen. Es
k werden, wenn nicht eine gütliche Einigung er-
r zielt werden sollte, wahrscheinlich noch weitere
»Klagen gegen die zivilrechtlich verantwortlichen
»Personen erhoben werden, wenn es auch nicht er-
“ wünscht sein mag. Wir brauchen hier ein Urteil
gegen ^.ie Hauptangeklagten, gegen die Haupt
arrangeure, damit uns die Zivilbeklagten, die
Nebenarrangeure nicht einwenden können. Haltet
Euch zuerst an die Hauptangeklagten! Wir brau
chen ein Urteil über die privatrechtlichen Ansprü
che in. diesem Strafprozeß, damit uns die Neben
arrangeure nichts einzuwenden vermögen: Ihr
habt gegen die Hauptangeklagten noch nichts ge
tan. Wir brauchen deshalb ein Urteil, damit wir
den Nachweis erbringen können, daß wir einen
Exekutionstitel haben, daß wir von den Angeklag
ten nichts hereinbringen können, daß wir vergeb
lich Exekution geführt haben. Wir brauchen ein
Urteil auch deshalb, damit wir uns einen zweiten
Prozeß der hier Beklagten wegen der privatrecht
lichen Ansprüche wenn möglich ersparen können.
Wenn wir nun vor unserem geistigen Auge
die Uebeltaten der vier. Angeklagten vorüberzie
hen lassen, wenn wir an die 55 Transaktionen
denken, es können natürlich auch noch viel mehr
gewesen sein, — so greift man sich unwillkürlich
an den Kopf und sagt sich: -Wie war diese un
unterbrochene Reihe von Betrügereien überhaupt
denkbar und möglich? Wie konnten sie denn vor
den Augen der hier Verantwortlichen und vor
den Augen der ganzen Welt geschehen und damit
sind wir an einem sehr wichtigen Punkt ange
langt?
N Nur durch das gleichzeitige gemeinsame un
unterbrochene -Zusammenwirken verschiedener Fak
toren. von denen keiner weggedacht werden kann,
ohne daß auch die Verbrechen weggedacht werden
müßten, nur durch dieses Zusammenwirken sind
diese Verbrechen überhaupt möglich geworden. Ich
will beispielsweise erwähnen, ein solcher Faktor
war natürlich Thönh. Wäre Thönh nicht Ver
walter der Sparkasse gewesen, wären die Betrü
gereien sicher nicht vorgekommen. Ein solcher Fak
tor war auch die Klassenlotterie. Wäre die Klas
senlotterie nicht gewesen, wäre niemand auf den
unsinniges Gedanken gekommen, die Klassenlotte
rie aus rumänischen Boden zu verpflanzen. Ein
solcher Faktor war natürlich auch Nico Beck. Denn
Nico Beck hat Carbone gebracht. Ein solcher Fak
tor war die Erteilung der Einzelzeichnungsbe
rechtigung an den Verwalter Thönh. Ein solcher
Faktor war die Unterschrifts-Beglaubigung
durch die Regierungskanzlei. Ein solcher Faktor
ist auch die Nichtveranlassung der sofortigen Ver
haftung, am 30. März 1928, als die Betrügerei
en ausgekommen waren. Nur durch das gleich
zeitige Zusammenwirken all dieser Faktoren, das
mutz zur Aufklärung, hier gesagt werden, damit
die Handlungen der Angeklagten einer gerechte
ren Verurteilung zugeführt werden, sind diese
Uebeltaten überhaupt möglich geworden.
Es Mht nicht an, mit dem Schlagwort Politik
einfach alles zuzudecken. Es sind die Faktoren, die
im Zuge der Verhandlungen auch hier zur Spra
che gekommen sind.
Und nun komme ich zu den vier Angeklagten:
Der Wind hätte dieses vierblätterige Unglücks-