war. Es ist zur Gewohnheit nicht erforderlich/daß man schon
als Gewohnheitsverbrecher mehrfach vorbestraft ist. Es ge
nügt, wenn durch eine Reihe von aufeinanderfolgenden.der
artigen Handlungen tatsächlich der Eindruck und die Ueber
zeugung entstehen must, daß man das schon gewohnheits
mäßig, fast gewöhnlich, bei jeder Gelegenheit tut. Das ist das
Charakteristikum des Gewohnheitsverbrechens. Infolgedessen
erachtet die Staatsanwaltschaft an den vorangeführten Grün
den, daß der höchste' Strafsatz nach dem § 203 von 5 bis 10
Fahren bestimmt anzuwenden sei.
Als erschwerend käme bei Dhöny in Betracht, die Fort
setzung der strafbaren Handlungen, die mehrfache' Qualifika
tion, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen, dann die
außerordentliche Höhe des Schadens und wie erwähnt, die
mehrfache Qualifikation, die zur Anwendung des höchsten
Strafsaizes führen mußte und dann sein Positives Leugnen
hinsichtlich der Schuldfrage. Kein einziger der Angeklagten,
das kann ich bezüglich aller Angeklagten vorweg nehmen, hat
bis jetzt Einsicht in die Schuld bekundet. Es steht ja sonst
das Gesetz auf dem Standpunkte, daß das Geständnis mil
dernd sei, weil daraus iiber irgend eine Psychologische Ver
fassung der Angeklagten geschlossen wird, und zwar deswegen,
weil, wenn der Angeklagte seine Schuld eingesehen hat, wenn
er eingesehen hat, unrecht gehandelt zu haben, er diese Hand
lungen auch unterlassen wird. Wenn, aber kein Einsehen in
die Schuld da ist, kann das Geständnis nicht als mildernder
Umstand betrachtet werden, höchstens nach der Richtung des
Geständnisses des Tatsächlichen. Aber Einsicht in die Schuld
bekundete» die Angeklagten nach keiner Richtung. Ferner ist
bei Thöny erschwerend die ideale Mitschuld gemäß § 5 und
101, bei Walser ebenso die Jdealkonkurrenz mit dem Ver
brechen des Mißbrauches der Amtsgewalt, falls das Gericht
dies' mit in Betracht zieht.
Als mildernd kann angenommen werden bei
Thönh eine gewisse Notlage, in der er sich viel
leicht durch frühere Manipulationen befand, daß
er vorher eines untadeligen Lebenswandels ge
wesen ist, 'daß er mehr durch die durch fremde
Fahrlässigkeit gebotene Gelegenheit zum Verbre
chen angelockt wurde, weil das Mitglied der Kon
trollstelle selbst dazu half und mancherorts auch
eiste Kontrolle gefehlt hat.
Bei Walser fallen außer den bei Thönh an
geführten erschwerenden Umständen als erschwe
rend in Betracht, daß er als Mitglied der Kon
trollstelle Thönh zu den ungesetzlichen Handlun
gen veranlaßt hat, bei Nico Beck als mildernd
auch noch eine gewisse Beeinträchtigung in der
Freiheit seiner Willensentschlüsse und bei Car-
bvne muß ich mir die gesamten Ausführungen
bis nach Erstattung des Gutachtens vorbehalten.
Mit Rücksicht auf diese erschwerenden Um
stände und mit Rücksicht daraus, daß die Schuld
derart außerodentlich hoch ist, beantrage ich von
der Anwendung des außerordentlichen Milder
ungsrechtes abzusehen. Nach dem Gesetze wäre
bei ganz besonderen Umständen eine Reduktion
der Strafe bis auf 2 Jahre möglich. Ich halte
aber dafür, daß die Anwendung dieses Gesetzes
vom 12. 12. 1916 mit Rücksicht auf die über
wiegenden erschwerenden und die viel geringeren
mildernden Umstände überhaupt nicht zulässig
sein kann.
Im übrigen beantrage ich gemäß Artikel 20
hinsichtlich der ersten drei Angeklagten Einstel
lung der aktiven Bürgerrechte, überlasse es der
Entscheidung des Gerichtes, ob es gemäß dem
Gesetze vom 1. 6. 1921 die Zulässigkeit der
A.rbeitshausstrase aussetzen will. Damit habe ich
geschlossen.
Präsident: Ich möchte Herrn Staatsanwalt
noch darauf aufmerksam machen, daß er sich nicht
ausgesprochen hat über seine nachträgliche An
klage gegen Thönh.
Staatsanwalt: Am 3. Juni 27 ist in Wolf
zennen der Kaufvertrag abgeschlossen worden, be-
zw. die Zwangsversteigerung durchgeführt wor
den, wegen der Grundstücke, die früher dem Brüg
ge.': gehört haben und ihm von Staatswegen ab
genommen worden waren. Brugger und Wal
ser gaben an, daß Röthlisberger der Nachfolger
Bruggers aus dem Gute sich nicht halten könnte,
weil er nicht fähig gewesen sei, das Gut hinrei
chend zu bewirtschaften und da -waren Verhand
lungen zwischen Walser und Brugger wegen der
Auslösung dieses Gutes Wolfzennen, Walser b,e-
hauptet in diesem Verhör, hievon nichts gewußt
zu haben. Das ist nicht richtig. Ich verweise auf
den aus den Akten verlesenen Brief, in dem er,
ich glaube im Mai 1927, — an Brugger berichtet,
er könne ihm noch keinen Bescheid geben über die
Verhältnisse in Wolfzennen,, aber jedenfalls werde
er ihm noch bis zum 3. Juni Nachricht zukommen
lassen.. Dann am 3. Juni. 1927 fuhr Thörh wirk
lich hinaus nach Wolfzennen und hat in der
Kanzlei des Bezirksnotars Häusermann in Fried
richshafen die Bürgschaftsurkunde für den ge
samten Versteigerungsbetrag von 115.000 RM.,
für die Aenderungskosten und Notariatsgebüh
ren 12.000 RM. und 3000 Franken für einen
gewissen Gührer bezahlt,' damit dieser nicht hö
her schlage und der Kaufpreis des Gutes nicht
in die Höhe getrieben werde.
'Wegen dieser Handlungen, Verleitung zu
einer unkorrekten Handlung, konnte Anklage nicht
erhoben werden, weil das nach deutschem Gesetze
nicht eine Verleitung zum Betrüge ist und auch
nach dem hier geltenden Strafrechte diese Anklage
nicht mit Bestimmtheit gemacht werden könnte,
weshalb davon abgesehen wurde.. Thönh war
hier offenbar betrügerisch, weil er wissen mutzte,
daß die aus dieser Bürgschaft übernommenen
Haftung gedeckt mußten und er die Zahlung bis
Juni zu leisten hatte. Tatsächlich hat Thönh auch
die Zahlung geleistet, wie aus der Bestätigung
des Bezirksnotars Häusermann ersichtlich ist und
am 4. Juli wurde dann Atax Brugger, der Vater
des Eugen Brugger als. Eigentümer in das
Grundbuch eingetragen. Der Versteigerungspreis
betrug 115.000 Mark, wobei er später noch für
den Hypothekenbrief von 70.006'RM. an Jvonne
Delvaux die Bürgschaft übernommen hat. Daher
ist auch nach dieser Richtung die Anklage gerecht
fertigt. Es ist also in allen Belangen die Anklage