Stenographischer
Derhan-lungs-Derrcht
aus dem Kriminalprozeß gegen Franz THSay, Nico Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone.
16. Ausgabe. Montag. 25. November 1929
Fortsetzung: Frei ta g-Sitzung.
Präsident: Das Verhör ist geschlossen, die Zeugenver
nehmung ist beendet. Wir schreiten zur Frage der Beeidi
gung.
Staatsanwalt: Ich verzichte.
Dr. Budschedl: Ich verzichte.
Verteidiger: Ich verzichte.
Präsident: Sie sind entlassen. Ich danke. Es scheint
nicht notwendig, diese Frage, über die sich Fehr geäutzert
hat, noch dem Verteidiger Dr. Ditscher zu unterbreiten.
Was heute vorzukehren war seitens des Herrn Dr. Dit
scher wurde vorgekehrt. Nun würden wir sür heute die
Sitzung schließen.
Staatsanwalt: Ich würde, weil sich heute ergeben hat
aus d. Behauptungen Walsers, daß die Aktien bedeutend
teurer gekauft worden seien von einer Jnteressentengrup-
pe, die das Interesse daran hatte, die Aktien in andere
Hände nicht gehen zu. lassen, er behauptet, Sie seien um
etwas bezw. Carbone behauptet, sie seien um. etwas über
3 Dollar gekauft worden, eine telegraphische Anfrage nach
Budapest bei Gericht, bezw. bei der Exekutionsabteilung,
die sich aus dem Akt feststellen läßt, aus dem Bericht des
Notars, der in deutscher Uebersetzung mitteilt, daß die
Versteigerung stattfindet, telegraphische Anfrage bean
tragen, zu welchem Preise diese Aktien verkauft würden,
bei dem Notar, der die Exekution durchführt und Liechten
stein bezw. den damaligen Untersuchungsrichter verstän
digte, daß die Aktien demnächst zur Versteigerung kom
men. Er gab die ungarische Erklärung, die deutsche Ueber
setzung dieser ungarischen Verlautbarung dem Gerichte
bekannt.
Carbone: Bei diesem Anlasse möchte ich sagen, daß ich
nicht über die Höhe und über den Wert der Aktien etwas
beweisen wollte, sondern nur damit zeigen wollte, daß die
Bank die selber nachher gekauft hat und datz die Aus
sage, die die Bänk dem Zeugen gegeben hat, aus dem In
teresse herausgekommen ist, sie selber zu kaufen. Daß sie
nicht gute Auskunft über die Aktien gegeben hat, ist ganz
natürlich. Wir wollten die Aktien nicht an die Bank ver-
kaufen, sondern an eine andere Gruppe.
Walser: Der Herr Staatsanwalt hat sich vielleicht ge
irrt, wenn er sagt, ich hätte etwas behauptet von einem
Erlös aus dem Verkauf der Aktien.
Staatsanwalt: Aber Carbone hat gesagt, daß sie um
etwas über drei Dollar verkauft wurden, während sie 3.50
Dollar geboten hätten.
Carbype: Ich hab? hay nicht behauptet. Ich habe ge-
sagt, soviel mir bekannt ist: Die Aktien seien bei dev Ver
steigerung gut verkauft worden.
Dr. Benzer: Wie billig?
Carbone: Pro Aktie nur etwas über 3 Dollar, soviel
ich weiß.
Präsident: Mir scheint das nicht wesentlich zu sein, zu
welchem Preise die Aktien abgestoben worden sind, weil
es, wie eben Herr Oberlandesgerichtsrat Dr. Benzer sagt,
kein normaler Verkauf svar. Wir wissen ja nicht, welche
Umstände mitgespielt haben, eventuell, welche Intrigen
dort gespielt wurden beim Verkauf.
Staatsanwalt: Der Exekutionsverkauf ist ein unter
Aufsicht der öffentlichen Behörde vorgenommener Ver
kauf. Man wird in diesem Falle nicht so ohne weiteres
annehmen können, datz dabei Intrigen mitgespielt haben.
Aber aus den Behauptungen heraus, als hätte die Bank
ein ganz besonders Interesse und einen teuren Preis da
für bezahlt, der annähernd jenen Preis erreicht hätte, den
sie geboten hätte, müßte entnommen werden, wenn man
diesen Angaben überhaupt irgendwelchen Glauben bei
messen würde, daß die Bank ein sehr erhebliches Interesse
daran^gehabt hätte, daß die Aktien jenen Wert gehabt
hätte, Sen die Angeklagten bei diesem Geschäfte zu bieten
sich anboten.
Präsident: Carbone Sie halten nicht mehr fest an der
Behauptung?
Carbone: Ich sagte nur, das habe ich gehört.
Staatsanwalt: Wenn aber in dieser Sache die Bank
nachträglich die Aktien im Exekutionswege erwarb, so
hatte sie dann freilich das eine Interesse, nicht noch wei
tere andere Leute in ihre Syndikate hineinkommen zu
lassen. Aber daß der Preis von zwei Dollar dann auch
erreicht worden sei, ist nicht richtig, nach dem was ich aus
den Akten entnehmen zu können glaube.
Präsident: Sie stellen den Antrag, daß hierüber tele
graphische Informationen einzuholen seien, wie im Exe
kutionswege die Aktien liquidiert worden find.
Dr. Budschedl.: Zu diesem Antrage habe ich nichts
zu bemerken. Ich möchte nur noch einen weiteren An
trag stellen, der für die Beurteilung von Wichtigkeit er
scheint. Ich würde beantragen, den Herrn Regierungs
sekretär Ferdinand Nigg zu vernehmen über die Vor
gänge der Beglaubigungen, wie es- gekommen ist, daß
Nico Beck diese Beglaubigungen erhalten konnte, was da
mals gesprochen wurde und was damals der Fall war.
Präsident: Wollen die Verteidiger sich äußern?
Walser: Ich meine, wir streiten viel zu lange an der
Nitrogensache herum- schade UM die Zeit, Der