Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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feit, welche Zustände, — Sie waren ja bekanntlich 
nach der Verhaftung Thönhs der Verwalter der 
Ländesbank — das Gericht möchte wissen, welche 
Zustände Sie dort angetroffen haben, in der ge 
samten Verwaltung einerseits, dann in der Buch 
haltung und insbesondere im Kassawesen. Wol 
len Sie darüber Auskunft geben. 
Fehr: Die Buchhaltung war etwas im Rück 
stand, das ganze Semester 1928. Dar erste war 
noch nicht kollationiert, es waren die Monats 
bilanzen nicht gemacht und noch verschiedene Bu 
chungen nachzutragen. Die Korrespondenz war 
nur von den letzten Tagen zu erledigen. 
Präsident: Nur von den letzten Tagen uner 
ledigt? 
Fehr: Ja. 
Präsident: Und die Kassa. 
Fehr: Die Kassa hat, glaube ich, der Revisor 
Hächler ausgenommen. Da habe ich nichts gemacht 
daran. 
. Präsident: Keine Beobachtungen gemacht? 
Fehr: Nein. Die Frankenkasse war in Ord 
nung und in der Valutakasse waren nur kleine 
Beträge. Es wäre auch schwer abzustimmen gewe 
sen, weil einige Monate nicht nachgetragen waren, 
im Valutakonto. Das war ein Schema, nach dem 
man nicht täglich den Stand feststellen konnte. 
Präsident: Haben Sie nicht nachträglich noch 
Geld herumliegen gesehen, Noten? 
Fehr: In der Kasse war ein Betrag, von Fr. 
1000, der nicht verbucht war. Herr Hilti sagte 
mir, daß das eine Provision sei aus irgend einer 
Einbürgerung. Ich habe darüber mit Thönh ge 
sprochen und Thönh hat gesagt, es könne aus 
Provisionskonto eingetragen werden. 
Präsident: Und Schillingnoten waren auch 
herumliegend? 
Fehr: Das war unter dem Valutastand. Wie 
gesagt, ich habe nicht kontrolliert, ich habe die 
ersten Tage keine Zeit gehabt, weil -noch andere 
Sachen zu machen waren, da ist man dann später 
darauf gekommen, daß etwa 1000 Schilling ge 
fehlt haben bei der Abstimmung. 
Präsident: Was haben Sie zuerst vorgekehrt, 
als Sie Ihren Dienst angetreten haben bei der 
Landesbank? 
Fehr: Ich habe die Bücher in Ordnung ge 
bracht, die ersten Tage hat man ausgezahlt, der 
Andrang war nicht fehr gross, weil man die Leute 
beruhigte. Dann hat man kleinere Beträge aus 
bezahlt und dann sämtliche Zahlungen ganz ein- 
. gestellt. 
Präsident: Die Zahlungen? 
Fehr: Ja. 
Präsident: Wie lange? 
Fehr: Während längerer Zeit, bis die Zah 
lungsgarantie gegeben war von den Gemeinden 
und vom Landesfürsten. Dann die Buchauszüge 
von den Banken hat Herr Hächler kommen las 
sen durch die Treuhandstelle. Dort ist heraus 
gekommen, das? etwa 400.000 Fr., die bezahlt 
sind unverbucht waren. 
Präsident: War die Treuhandstelle Ihnen be- 
lilslich bei der Reorganisation, bei der Wieder 
herstellung der Ordnung? 
Fehr: Ja, die war auch da. Die haben die 
Hhpothekentitel -revidiert. Die waren ganz in Ord 
nung, dann hat man die Debitoren hergenom 
men, sukzessive und die Kreditorenkonti' durch 
gegangen. Da waren auch- einige darunter Debi 
toren- die dann auf die - Kreditoren übertragen 
wurden. Das hat man nach und nach-geordnet 
und diss Bücher zusammengestellt, wie es sich ge 
hört. 
Präsident: Dann ist dasjenige, was Sie 
eigentlich angetroffen haben, auch niedergelegt in 
den Berichten der Treuhandstelle, was Sie für 
buchhalterische Zustände angetroffen haben. 
Fehr: Ich glaube ja. Ich hatte in meinem Be 
richt kürz erwähnt, mutz allerdings bemerken, dah 
die Rückstände vielleicht deshalb waren, weil zu 
wenig Personal da war. Es. war unbedingt ein 
Beamter zu wenig-, ein ausgeschulter, Beamter. 
Der Geschästsumsang war so- groß, datz es zwei 
Leute, auch wenn sie gar nichts anderes zu'tun 
gehabt haben, kaum. bewältigen-konnten. 
Präsident: Wollen Fragen gestellt werden, 
seitens des Gerichtes, nein, Staatsanwalt? 
Staatsanwalt: Ich -bitte, den Angeklagten auch 
noch . über das von ihm abgelegte, in den Akten 
befindliche Protokoll über seine Erhebungen in 
Budapest zu . Vernehmen. 
Präsident: Den - Zeugen? 
Staatsanwalt: Den Zeugen, ja. Das-macht die 
Uebung. 
Präsident: Sie waren mit Herrn- Dr: Mar- 
rer in Budapest im Juli oder anfangs August 
1928. 
Fehr: Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glau 
be, es war im Juli. Ich habe Informationen ein 
gezogen über die Bewertung der" Nitrogen-Ak 
tien. 
Staatsanwalt: Ueber die weiteren Erhebun 
gen, die Sie dort unten gemacht haben— 
Fehr: Ich habe, bevor wir nach Budapest 
sind, eine Besprechung gehabt-mit Waller, weil 
wir uns orientieren wollten. Er hat uus das Ge 
schäft als gut geschildert, hat aber gemeint, eigent 
lich könne das nur er machen. Wir sind dann 
nach Wien, haben eine Empfehlung bekommen, an 
eine Großbank. 
Präsident: Bon wem? 
Fehr: Bei der fürstlichen Zentralbehörde. 
Präsident: An eine Großbank? 
Fehr: An die westungarische Kommerzial- 
bank. Wir sind von den ersten Direktoren emp 
fohlen worden, wir haben uns dort erkundigt, wie 
die Sache sei. Da hat es geheißen, Goldfinger 
sei etwas in Nöten, er wolle die Aktien unbedingt 
verkaufen, sie stehen vor der' Submission. Wir 
haben dann auch erreicht, daß der Termin ver 
schoben worden ist, um 8 oder 10 Tage. Wir ha 
ben dann gefragt, wie die Aktien zu bewerten 
seien unter Bankleuten. Ich weiß nicht mehr ge-
	        

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