Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

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Präsident: Die Bank hatte damals noch nicht dis 
kontiert. Die Buße-Bank hat die Wechsel nicht selbst 
diskontiert. Ich wußte, daß diese Wechsel zwar an eine 
Außenhandelsstelle gegangen waren, ich bin selber aus 
dem Büro der Außenhandelsstelle gewesen. Die Außen 
handelsbank ist eine Filiale der österr. Kreditanstalt in 
Wen. 
Präsident: Sie behaupten. Sie hätten es gewußt, ich 
bezweifle es. 
Carbone: Ich hatte es gewußt. 
Präsident: Wenn Sie es auch gewußt haben, das 
spielte für Sie keine Rolle. Es ist hier der Verwalter. Der 
Verwalter überschreitet seine Kompetenz: er hatte eine 
Kompetenz nur für 1000 Franken und engagiert die Bank 
für 1,000,000 Franken. Da sagen Sie, das spielt keine 
Rolle. So kommen wir über diese Lücke nicht hinweg. 
Wenn eine Großbank gut gläubig Wechsel annimmt und 
diskontiert, so sind Sie damit doch nicht gedeckt. Für Sie 
in Ihrer Mentalität hat das genügt. Sie werden sich 
gesagt haben, die Hauptsache ist, wenn ich den Wechsel 
unterbringe und Geld bekomme, ob auf ehrliche oder 
unehrliche Weise — das ist mir egal. 
Carbone: Nein, das war nicht meine Einstellung. Ich 
sagte mir, ich kann nicht diese Auskünfte einholen, wie 
eine Großbank und wenn eine Großbank sich eingehend 
informiert, dann brauche ich mir keine Sorge zu machen. 
Präsident: Dann wollen wir zu einem weiteren Punkt 
übergehen, aus dem ich Ihre Bösgläubigkeit schließen 
darf und das ist Ihr Schreiben vom 4. Januar 1928 an- 
Thöny. Erinnern Sie sich auf den Zusammenbrach, den 
Tie mit Beck in Berin hatten? In diesem Brief haben 
Tie dem Thöny gedroht, daß Sie die ganze Geschichte 
an den Tag bringen werden, die „Machenschaften". 
Carbone: Dieser Brief ist aus dem Aerger entstanden, 
weil ich konstatieren mußte, daß Beck hinter meinem 
Rücken gearbeitet hatte, mit den Beziehungen, die ich 
besorgte und meinen Opfern. 
Präsident: „Opfer"?! 
Carbone: Das waren Opfer. 
Präsident: Das ist mir ein schönes Opfer. Sie waren 
empört darüber, daß die Geschäfte nicht durch Sie, son 
dern durch Beck gemacht wurden. 
Carbone: Hinter meinem Rücken und so war es auch 
bei andern Geschäftey. Beck war öfters in Berlin, ohne 
bei mir gewesen zu fein. Ich war empört, das war die 
Veranlassung, warum ich diesen Brief geschrieben habe 
und ich habe gehört, es ist Millner gewesen, der zu Beck 
gegangen ist und ihm gesagt hat, daß ich diesen Brief 
aufgesetzt habe. Heute weiß ich, daß Millner intriguiert 
hatte, um zwischen Beck und mir «ine Differenz zu 
schaffen. 
Präsident: Sie waren verärgert, und aus diesem Aer 
ger heraus haben Sie den Brief geschrieben, um festzu 
stellen, was eigentlich an der Sache wahr ist, machten Sie 
eine diesbezügliche Bemerkung. Sie waren verärgert 
und haben offenbar im Aerger Thöny nicht eine Liebens 
würdigkeit antun wollen. Sie wollten ihn auch ärgern 
und als taugliches Mittel haben Sie es betrachtet, ihm zu 
drohen und auszuliefern mit etwas. 
Carbone: Ich habe feststellen wollen, was es ist mit 
der ganzen Sache; es kam mir merkwürdig vor, daß hin- 
ter meinem Rücken andere Sachen gemacht wurden. 
Präsident: Sie haben dem Untersuchungsrichter ge 
sagt, es sei ein „Ballon d'essay". Nun haben Sie sehr 
richtig aus diesen Knopf gedrückt, das fällt mir auf. 
Carbone: Ich habe gesagt, ich verlange, daß sämtliche 
Wechsel, die von mir untergebracht sind und mit meinem 
Namen versehen sind, zurückgezogen werden u. ich werde 
für meinen Teil für die Einlösung sorgen. 
. Präsident: Schlußfrage: Sie haben am Ansang Ihrer 
Aussagen gesagt, Sie fühlten sich nicht schuldig und Sie 
seien sich nicht bewußt, eine strafbare Tat begangen zu 
haben. Sind Sie sich nicht bewußt, daß Sie wirklich ein« 
strafbare Tat begangen haben? in keinem Punkte? 
Carbone: In keinem Punkte. Ich habe die Sache 
angefangen, ohne zu wissen, um was es sich handelt. Bon 
den internen Angelegenheiten habe ich nichts gewußt. Ich 
glaubte, daß es sich hier um ganz normale Kreditgeschäfte 
handle. Ich habe die Geschäfte mit großer Mühe und in 
eineinhalbjähriger, nervenauspeitschender Tätigkeit ver 
sucht, durchzuführen. Ich bin der Auffassung gewesen, daß 
ich für diese Beträge/ die ich in Anspruch nahm, gut bin. 
Einen Teil der Schuld will ich der Sparkasse zurückzah 
len. Ich kann wohl sagen, daß es mir gelungen wäre, 
wenn ich nicht verhaftet worden wäre, meine gesamten 
Verpflichtungen einzulösen. 
Präsident: Haben Sie der Sparkasse ein Angebot ge 
macht? 
Carbone: Ja, ich habe bei ihr angefragt, was Sie 
meine, was ich schulde, damit ich ein positives Angebot 
machen könne. Daraufhin habe ich jedoch trotz mehrma 
ligen Mahnens eine Antwort nicht erhalten. 
Präsident: Wären Sie in der Lage, eine Offerte zu 
machen? 
Carbone: Ja. 
Staatsanwalt: Herr Carbone! Ihre Schuldlosigkeit, 
von der Sie so fest überzeugt sind, erscheint mir ein i:-enig 
sonderbar. Bei der Betrachtung des einen Umstandes, 
daß Sie bei der ersten Bürgschaft mit einer Bürgschafts 
erklärung hausierten, in der weder der Schuldner noch 
der Gläubiger eingetragen war. 
Carbone: Ich wußte ja noch nicht, wo ich die Bürg 
schaft unterbringen wollte. 
Staatsanwalt: Wußten Sie, wer der Schuldner ist? 
Carbone: Der war ich. 
Staatsanwalt: War der Schuldner eingetragen? 
Carbone: Ich kann mich nicht erinnern. 
Staatsanwalt: Mußte es Ihnen nicht auffallen, daß 
eine Bank für irgend einen, ihr noch nicht bekannten 
Schuldner gegenüber einem noch nicht bekannten Gläu 
biger eine Bürgschaft übernehme? 
Carbone: Schuldner war ich. 
Staatsanwalt: Das stund noch nicht In der Bürg 
schaftserklärung. 
Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, daß eine Bank mit 
solchen Bürgschaften um Geld hausieren geht? 
Carbone: Es sollten nicht 25,000 Franken beschafft 
werden, sondern mehr, einmal 100,000 bis 200,000 Fr. 
Beide Bürgschastsurkunden waren gleich ausgestellt.
	        

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