Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Paulskirche und Grundrechte 
Staat-Kirche-Verhältnisse. Der offizielle Verfassungsentwutf der 
Landstände hinterläßt nicht im geringsten eine Spur des Grundrechts 
der Religionsfreiheit. 
2. Nichtberücksichtigung der Religionsfreiheit in den Verfassungsentwürfen 
Die Gründe, die die Ausklammerung der Religionsfreiheit aus dem 
endgültigen Verfassungsentwutf verursachten, nehmen ihren Ursprung 
wesentlich im historischen Werdegang der Staat-Kirche-Beziehungen. 
Voraussetzung einer Statuierung der Religionsfreiheit ist eine mög- 
lichst klare und umfassende Differenzierung von Staat und Kirche, 
die auf der Grundlage der Wesensverschiedenheit von staatlichem 
und kirchlichem Eigenbereich beruht und auf eine Ausscheidung der 
Kirche aus der staatlichen Ordnung hintendiert !. Ein solcher staats- 
kirchlicher Entwicklungsprozeß lag nicht im Bereich des Möglichen, 
da die katholische Kirche zu sehr in das Staatsgefüge hineingewachsen 
war. Diese enge Verkettung schließt auch in ferner Zukunft eine 
Verdrängung der katholischen Kirche aus dem Staatsverband aus ?. 
Einem Postulat nach Religionsfreiheit fehlte jeder Bezug zur tatsäch- 
lichen kirchenpolitischen Lage und Rechtswirklichkeit. 
Infolge der einheitlichen konfessionellen Zusammensetzung des 
liechtensteinischen Volkes und der Absperrung des Staatsraumes ge- 
gen andere Religionen stößt eine Aufnahme der Religionsfreiheit in 
die Verfassung auf einen kaum hörbaren Anklang. Es erweckt den 
Anschein, daß der betreffende $ nur aufgrund seines Zusammenhanges 
mit anderen vorgesehenen Freiheitsrechten zur Sprache kam. Er figu- 
riert auch nicht in den Postulaten, die an. den Fürsten gerichtet sind °. 
Der einzelne Untertan hat in seiner einseitig religiös ausgerichteten 
Geistes- und Lebenshaltung keinen unmittelbaren Zugang zu diesem 
Grundrecht gefunden. Der fehlende Kontakt mit dem Andersgläu- 
bigen läßt das nötige Verständnis vermissen *, 
So MırsrT 322. 2 Vgl. Kap. 1/$ 3. 
3 Vgl. etwa die Entwürfe Peter Kaisers zu den Schreiben an den Fürsten von 
1848, LRA Peter Kaiser Akten; oder Vorsteher und Ausschüsse sämtlicher Ge- 
meinden an den Fürsten vom 22. März 1848, LRA Schädler Akt 264; oder Votr- 
steher und Ausschüsse sämtlicher Gemeinden an den Fürsten vom 24. März 1848, 
LRA Schädler Akt 265. 
* Schon Helpert betrachtete in seinem Bericht (Jb. 29 des Historischen Vereins 
für das Fürstentum Liechtenstein 72) verständnislos die Ausbreitung der Ideen der 
Toleranz und Glaubensfreiheit bis an die Grenzen Liechtensteins im Jahre 1782.
	        

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