Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Paulskirche und Grundrechte 
heit über die Notwendigkeit der Aufnahme der einzelnen Grund- 
rechte in die zukünftige Verfassung geschaffen werden konnte. 
Daß im endgültigen Text des bereinigten Verfassungsentwurfes 
von 1848 das Grundrecht der Religionsfreiheit in irgendeiner Form 
fehlt, ist ein augenfälliges Indiz dafür, daß diese Bestimmung im 
Umfange des Frankfurter Grundrechtsentwurfes überhaupt keine 
Aussicht gehabt hätte, je als Norm in die Verfassung einzugehen. 
Dieser Paragraph läßt in seiner knappen Fassung, die dem Frankfurter 
Schema nicht nachgezeichnet ist, erkennen, daß der Verfassungsaus- 
schuß und die an der Verfassungsgebung beteiligten Personen sich 
mit diesem Grundrecht auseinandergesetzt haben und zum Schlusse 
kamen, es nicht in den Grundrechtskatalog aufzunehmen. Weiter läßt 
sich aber auch mit Bestimmtheit folgern, daß diese Bestimmung kei- 
nerlei antireligiösen Bestrebungen im liechtensteinischen Volke Rech- 
nung tragen sollte, sondern lediglich im Ergebnis die Frucht dama- 
liger Geisteshaltung darstellt. 
Gewisse Schwierigkeiten und Unebenheiten ergeben sich vor allem 
bei der Auslegung der Gewährleistung dert Refgionsübung — bis anhin 
als die religiöse Ausdrucksform der Religionsgemeinschaft bezeichnet 
- im Hinblick auf die Verwirklichung dieses Postulates, da ihr eine 
genauere Differenzierung in gemeinsame häusliche (private) und öffent- 
liche Übung der Religion, wie sie in den bisherigen deutschen Ver- 
Fassungen und in den Frankfurter Grundrechten üblich ist, mangelt. 
Wenn wir die Rechtslage nach der konfessionellen Seite hin in 
Erwägung ziehen, stellen wir fest, daß nur der katholischen Kirche 
als der Staatskirche die öffentliche Religionsübung zukommt. Anderen 
Konfessionsangehörigen — sofern solche ausnahmsweise zum Staats- 
verband zugelassen wurden — dürfte wohl nicht mehr als bloß die 
einfache Hausandacht zugestanden worden sein !. Sie können also 
nicht zu einer öffentlichen, noch privaten gottesdienstlichen oder reli- 
giösen Versammlung zusammenkommen, da sie als Korporation nicht 
geduldet waren und ihnen demzufolge die Rechte einer Religionsge- 
meinschaft abgesprochen werden mußten. $ 145 der Verfassung des 
deutschen Reiches gewährte jedem Deutschen die Unbeschränktheit 
in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Übung seiner Reli- 
zion, In dieser Formulierung hat die Religionsübung, wie Fürstenau“ 
‚ Vgl. vorne $ 2/11 4. 
FÜRSTENAU 189. 
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