Religionsfreiheit
der Nationalversammlung noch nicht näher kennenlernen konnten,
Das ungestüme Drängen nach staatsbürgerlicher Freiheit überwog
die Sehnsucht nach der nationalen Einheit *. Die Grundrechte wurden
vor dem Abschlusse des gesamten Verfassungswerkes am 28. Dezem-
ber 1848 in einem eigenen Gesetz veröffentlicht und gingen später
als Abschnitt vr in die Reichsverfassung vom 28. März 1849 ein.
Die Publizierung erfolgte in den meisten deutschen Staaten, jedoch
nicht in den größten wie Österreich, Preußen, Bayern und Hannover,
von denen dann auch eine Gegenbewegung zu den Frankfurter
Beschlüssen ausging, die durch den Bundesbeschluß vom 23. August
1851 aufgehoben wurden ?. Auch Liechtenstein folgte dem Beispiel
seines Nachbarstaates Österreich, so daß es auch hier nicht zu einer
Kundmachung kam 3.
IT. Das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit
Die Grundrechte der Reichsverfassung dehnten die Bestimmung
des Art. 16 BA von den Angehörigen der christlichen Konfessions-
gemeinschaften auf alle Untertanen aus, indem sie in Art. 145 jedem
Deutschen die Unbeschränktheit in der gemeinsamen häuslichen und
öffentlichen Übung seiner Religion gewährleisteten. Damit ist die
Religionsfreiheit vom Grundrecht der einfachen Hausandacht wesent-
lich weggerückt und getrennt, was eine Sehutzbestimmung bezüglich
der einfachen Hausandacht in der Reichsverfassung erübrigt *.
Schon zu Beginn der Beratungen der Grundrechte in der Frank-
furter Nationalversammlung zeigt sich, wie aus dem Verbesserungs-
antrag Plathners von Halberstadt zu $ 11 des Entwurfes des Verfas-
sungsausschusses hervorgeht, daß die volle Glaubens- und Gewissens-
freiheit in concreto nichts anderes beinhalte, als «niemand ist ver-
pflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren» 5. Dieser Antrag
findet als Zusatz zu $ 11 die Zustimmung der Mitglieder der National-
versammlung und ist als zweiter Satz des $ 144 in die Verfassung des
deutschen Reiches eingegangen.
; Vgl. OESTREICH 93,
Vgl. Vorer 101.
Siehe GEiGErR P, 119 £,
So SCHOLLER 77 £.
In: WıGArD, Stenographischer Bericht, Bd. IM, 1639.