Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Religionsfreiheit und die deutsche BA 
einschränkend zu bemerken, daß es auch Gesetzeswerke gibt — wie 
z. B. das österreichische — die mit dem Art. 16 BA nicht im Einklang 
standen und «zum besonderen Vorzuge der herrschenden Religion» er- 
richtet waren *. 
Eine Andeutung, die in irgendeiner Weise Aufschluß über die 
Ausgestaltung der Religionsfreiheit geben könnte, ist in der Verfassung 
von 1818 nicht zu entdecken. Diese Tatsache ist nicht weiter verwun- 
derlich, wenn man bedenkt, daß Liechtenstein ein mit der katholi- 
schen. Religion aufs engste verbundenes Staatsgebilde darstellt. Die 
Verfassung brauchte also keine Norm aufzustellen, die dem in den 
Bundesakten als in den bürgerlichen und politischen Rechte gleich- 
gestellten. Religionsparteien als Schutz und Garantie gedacht war. 
Anderseits könnte man gerade das Fehlen einer Verfassungsbestim- 
mung als Argument benutzen, um darzutun, daß von einer Ver- 
wirklichung der Religionsfreiheit, auch nicht in ihrer primitivsten 
Form der einfachen Hausandacht, gesprochen werden könnte. Diese 
Behauptung würde trotz des herrschenden Einheitssystems die 
wahre Situation verkennen, da das ABGB Bestimmungen enthält, 
die religiöse Verhältnisse betreffen und uns in der gestellten Aufgabe 
einen Schritt weiterführen. 
2. Die politischen Vorschriften der Staatsbürgerschaftsgesetz gebung 
Das Österreichische bürgerliche Gesetzbuch wurde in der fürstlichen 
Verordnung vom 18. Februar 1812 mit Ausnahme des Erbrechtes 
in Liechtenstein rezipiert 2. Die Rezeption dauerte in ihrer voll- 
kommensten. Art, indem «alle künftig die rezipierte Materie fort- 
bildenden Akte» automatisch auch in Liechtenstein geltendes Recht 
waren, bis zum Jahre 1843 3. 
Dieser Rechtszustand gibt uns Anlaß — da einzelne Bestimmungen 
des ABGB, wie etwa die $$ 39 und 140, auf religiöse Verhältnisse 
Bezug nehmen, — ihn zur Ausgangsbasis für die Auffindung von 
weiteren aufschlußreichen Anhaltspunkten zu benutzen. $ 39 statuiert 
die Unabhängigkeit des Rechtsgenusses vom Religionsbekenntnisse 
im Privatrecht, ist aber so konzipiert, daß er «bei einigen Gegen- 
‘ Vgl. FÜRSTENAU 134 ff, 
* Vgl. GsCcHNITZER, Gedächtnisschrift Marxer 27, siehe B 5. 
* GSCHNITZER, Gedächtnisschrift Marxzer 27. 
In
	        

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