Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Gegenwartslage des Staatskirchenrechts 
bestimmte, daß der Pfarrer der Gemeinde die staatlichen Zivilstands- 
register neben den kirchlichen zu führen hätte, wobei aber die Frage 
einer entsprechenden Entschädigung übersehen wurde, und der Pfar- 
rer für allfällige Nebenauslagen selber aufkommen mußte !. Das Bitt- 
gesuch der Hechtensteinischen Pfarrer an den Bischof vom 5. Juli 
1916 2? machte auf diesen unbefriedigenden Zustand aufmerksam. Im 
Gefolge der umsttittenen und langwierigen Auseinandersetzungen um 
eine Regelung der Aufbesserung der Bezüge der Seelsorger um 
1916/17 3 wurde dieses Versäumnis schnell behoben, indem im Gesetze 
betreffend die staatliche Matrikenführung vom 15. Dezember 1917 eine 
jährliche Vergütung festgesetzt wurde. 
Die personale Verklammerung von Staat und Kirche im Pfarrer 
als öffentlichem Urkundsbeamten und staatlichem Trauorgan macht 
die Kirche zu einem das staatliche Leben mitbestimmenden und tta- 
genden Element. Dieser Umstand hat andererseits aber eine zu starke 
Bindung des Geistlichen an den Staat zur Folge. Der Einbezug der 
Kirche in den Staatsaufbau, der nicht nur im Bereiche des Zivil- 
standswesens gegeben ist *, wirkt sich für eine beiden Seiten gemäße 
zeitkonforme Gesetzgebung nachteilig aus und hemmt eine entspre- 
chende Entwicklung des Staatskirchenrechts, die nur eine Entflech- 
tung von Staat und Kirche in der Staatskirchenordnung zum Ziele 
haben kann. 
3. Die Nichtberücksichtigung der evangelischen Kirche im 
öffentlichrechtlichen Bereich 
Dem liechtensteinischen Staatskitchenrecht eigentümlich ist die Aus- 
klammerung der evangelischen Kirche aus dem öffentlichrechtlichen 
Bereich, zieht man die Staatskirchenordnungen der angrenzenden Staa- 
ten in Betracht. Da sie keinen nennenswerten, geschichtlichen Bezug 
zum Staate aufweist — erst seit 1881 vermochte sie in geringem Ausmaße 
Boden zu fassen — hat eine Auseinandersetzung mit dem Wesen und 
der Eigenart der evangelischen Kirche bisher nicht stattgefunden. 
1 So im Schreiben der Pfarrer an den Bischof von Chur vom 5. Juli 1916, 
LRA Reg. 1916 Z. 2169. 
2 LRA Reg. 1916 Z. 2169. 
3 Siehe den Regierungsakt «Kongruaregelung», LRA Reg. 1916 Z. 2169 und 
B 70 a-d und 71. 
4 Vgl. das bisher Angeführte. 
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