Konstitutionelle Verfassung von 1862
auf die gegenwärtige politische Situation in einzelnen Bundesstaaten
ein solcher Abschluß als inopportun erachtet wurde *, Die Bemühun-
gen um eine Übereinkunft in den strittigen Angelegenheiten hielten
jedoch auf beiden Seiten unvermindert an. Dabei wurde anstelle
einer Gesamtregelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche,
wie es das Konkordat anstrebte, der Weg über Spezialabkommen
in Einzelmaterien mit dem bischöflichen Ordinariate gewählt ?
$ 7. Die konstitutionelle Verfassung von 1862
I. Der Stand der Entwicklung des Bechtensteinischen Staatskirchenrechts
Die Verfassung von 1862 läßt Anzeichen eines Neubeginns des
Staat-Kirche-Verhältnisses durchblicken und deutet auf eine Entwick-
lung hin, die auf eine Angleichung an das System der staatlichen
Kirchenhoheit ausgerichtet ist. In den Konkordatsverhandlungen
werden Staat und Kirche mit den ungelösten Problemen der 1848iger
Zeit konfrontiert.
Dieser Faktor trägt allmählich zu einer Lockerung des bisherigen
Systems und zur Klätung hängiger Fragen bei °. Auch bis zu einem
gewissen Grad eine Folge der Konkordatsverhandlungen ist die
Akzentverschiebung der staatlichen und kirchlichen Interessen auf
das Gebiet des Kirchengutes *.
Den wohl deutlichsten Hinweis auf eine mögliche Distanzierung
vom Prinzip der Einheit von Staat und Kirche erbringt $ 8 der Ver-
fassung, der die «Freiheit der äußeren Religionsausübungen» garan-
tiert. Im Lichte der Enstehungsgeschichte verliert diese Bestimmung
jedoch bedeutend an Gewicht. Sie ist ein Relikt des Alternativent-
wurfes der Grundrechte des Volkes von Menzinger, der im Anschluß
an die Frankfurter Reichsverfassung die volle Glaubens- und Gewis-
sensfreiheit zum Wortlaut hatte. Durch die heftige Opposition der
ı Siehe das Schreiben von Hausens an den Bischof vom 13. November 1865,
BAC O 193 e/1865.
2? Die nachfolgende Gesetzgebung bestätigt dies.
‘ Wie z. B. die Zehnt-, Kirchenguts- und Mischehenfrage.
Siehe A 13/$$ 51 und 53.
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