Staat und Kirche seit der landständischen Verfassung
halten kann. Die damalige «bewegte Zeit» ! bot auch keine den Ver-
hältnissen konforme Ausgangslage für den Aufbau einer neuen Staats-
ordnung 2,
$ 5. Das Staatskirchenrecht
in den Verfassungsentwürfen von 1848
I. Ansätze zu einer Verselbständigung der Geistlichen
1. Die Bedeutung des $ 84 bzw. 21 der Verfassungsentwürfe des vom Volke
gewählten Verfassungsrates
Die Verfassung des Frankfurter Parlamentes vom 4. März 1849 sah
die Selbstverwaltung der Kirche, die selbständige Ordnung und Ver-
waltung ihrer Angelegenheiten in Unterordnung unter die allge-
meinen Staatsgesetze vor 3. Die Konsequenz dieser Entflechtung von
Staat und Kirche, zieht der Staat in der Übernahme bestimmter bür-
gerlicher Bereiche, indem er die Zivilehe und das Personenstandste-
gistere inführt ($$ 150, 151 der Reichsverfassung von 1849), der Geist-
lichkeit das Erziehungs- und Unterrichtswesen entzieht * und in der
Lösung der staatlichen Verbindung mit einem Bekenntnis *.
In den lHiechtensteinischen Verfassungsentwürfen von 1848 sind
Tendenzen sichtbar, die in eine ähnliche Richtung weisen ©. Sie ver-
laufen aber nicht parallel zu den Frankfurter Bestrebungen. Die insti-
tutionelle Verselbständigung der katholischen Priesterschaft im $ 21
des bereinigten Verfassungsentwurfes des vom Volke gewählten Ver-
fassungsrates 7 zeigt politisch gefärbte Züge auf, da sich Liechten-
stein in der inferioren Stellung der Landesgeistlichkeit innerhalb des
Diözesanverbandes stark zurückversetzt und benachteiligt fühlte ®.
1 Zitiert aus dem Aufruf des Landessicherheitsausschusses an die Gemeinden
vom 17. April 1848, LRA Schädler Akt 270.
2 Dieser Auffassung ist der Fürst in B 24,
Siehe Abschnitt VI Art. V $ 147 der Frankfurter Reichsverfassung von 1849.
Der Antrag Goltz in der Frankfurter Nationalversammlung, der von der
Mehrheit der Abgeordneten angenommen wurde, lautete: «Das gesammte Unter-
richts- und Erziehungswesen ist der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher
anthoben.» Zitiert aus WIGARD Bd. III, 2298,
+ Vgl. SCHEUNER, KuSt 166 f,
5 Vgl. A 5/65 84 #. und A 6/$6$ 21 £.
' A6/$$ 21 und 22; siehe auch A 7 Ziffer 7.
8 In diesem Sinne das Schreiben der Landstände an den Fürsten vom 29. Sep-
zember 1848, LRA Schädler Akt 301.
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