Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Nähere Ausgestaltung der Staatskirchenordnung 
Zulassung benachbarter andersgläubiger Schweizer («Protestant») 
zum Staatsverband !. Der Konfessionsunterschied dürfte nicht allein 
der ausschlaggebende Faktor dieser Anweisung an die Behörde (Ober- 
amt) gewesen sein. Den Hintergrund dieser Bestimmung bildet die 
nicht im Interesse eines absolutistisch regierten Staates gelegene Ver- 
schiedenheit rtepublikanischer und monarchischer Staatsauffassung. 
Freiheitlich republikanische Gesinnung schweizerischer Prägung ver- 
trug sich nicht mit dem Staatsbild einer absoluten Monarchie ? 
IIT. Die Geistlichkeit als Ständevertreter 
Eine ständische Ordnung, wie sie in anderen Bundesstaaten bestand, 
kannte Liechtenstein nicht, da der Adel fehlte. Die Verfassung ist 
aber nicht allein eine ständische, um der Vorschrift der BA (Art. 13) 
zu genügen, sondern sie zeigt — wenn auch bloß ein minimes — so doch 
ein wohl abgestuftes Staatsgefüge. Die Zweiteilung der Landstände im 
$ 2 der Verfassung ist nichts anderes als die Reflexion einer bereits 
bestehenden Staatsordnung, in der die Geistlichkeit schon lange vor- 
her Aufnahme fand und einen ihr entsprechend gebührenden Platz 
zugewiesen erhielt °. Wie in andern Bundesstaaten, so nimmt auch in 
Liechtenstein die Geistlichkeit unter den Ständen den ersten Rang 
ein «und ist auch in andern Beziehungen fast allenthalben mit mehr 
oder weniger Vorrechten begabt» *. Dies beruht auf der notwendigen 
Beanspruchung ihres Dienstes am Staate, der sie in die Stellung einer 
«bevorzugten Klasse» drängt 5, 
ı «Protestant» steht hier stellvertretend auch für «reformiert», denn unter 
«Protestant» faßte man vielfach in globo die evangelischen Konfessionsange- 
hörigen zusammen (daraufhin weist übrigens schon die Bezeichnung «Akatho- 
liken»). In diesem Sinne ist auch die protestantische Konfession bei FÜRSTENAU 119 
gebraucht. Dieser Hinweis ist nötig, da sich die Schweizer vorwiegend zur refor- 
mierten Konfession bekennen. 
2 So schon in dem Schreiben Schupplers an den Fürsten vom 12. März 1818, 
LRA L 6. 
3 Siehe B 1 oder etwa das Schreiben Schupplers an den Fürsten vom 12. März 
1818, LRA IL 6, in dem sich ein diesbezüglicher deutlicher Hinweis finden läßt, 
* BISINGER 375. A 2/$ 2 gebraucht zur Umschreibung der Vorrechte die Aus- 
drücke wie: «höhere Stand», «Prädikat Herr», die Auszeichnung durch «Stuhl- 
anweisung». Siehe dazu auch QUADERER 15. 
5 Zitiert aus dem Schreiben des landständischen Ausschusses an den Fürsten 
vom 29, September 1848, LRA Schädler Akt 301. 
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