Staat und Kirche seit der landständischen Verfassung
achten, die als ein Garant für die Wahrung alter christlicher Zucht
in Anspruch genommen wird. Die Erfüllung kirchlicher Gebote ist
der Gradmesser eines ehrbaren Lebenswandels.
Auf dieser tiefgreifenden, Glaubensverbundenheit des Staates mit
der einen katholischen Religion ist das liechtensteinische Staatskir-
chentum erwachsen.
2. Die Dienstinstruktionen vom 7. Oktober 7808
a) Die rechtliche Natur der Dienstinstruktionen
Die Dienstinstruktionen vom 7. Oktober 1808 ! heben die bis anhin
gültige Rechtsordnung auf, indem sie die wohlerworbenen Rechte
des Volkes beseitigen 2. Der Durchbruch zum modernen Staate, der
den Fürsten als absoluten Monarchen, als alleinigen «Jegibus solutus»
kennt, ist vollzogen. Das auf diese Weise entstandene politische Ge-
5ilde trägt die Züge der absoluten Monarchie 3.
Die Rechtsnatur dieser Dienstinstruktionen, die einer eingehenden
rechtlichen Untersuchung entbehren, ist m. E. auch heute noch nicht
zufriedenstellend klargelegt *. Vor allem scheinen mir die gegentei-
ligen Anschauungen 5 auf zu formalen, rein äußerlichen Kriterien auf-
gebaut zu sein, die als Maßstab zur Beurteilung eines « Verfassungs-
dokumentes» nicht unbedingt angebracht sind. Der Charakter des
Formalen — wenn er von Bedeutung sein soll — setzt voraus, daß
wesentliche Eigenschaften, Merkmale vorliegen, die es rechtfertigen,
ı A 1. Die entwicklungsgeschichtlichen Hintergründe sind eingehend bei
MaALIN 31-50 dargestellt. 2
2 Siehe dazu die Ziffer 1 der Dienstinstruktionen A. 1, Die Landammannverfas-
sung vom 25.9.1733 (vgl. MALIN 22 ff.) wurde außer Kraft gesetzt.
+ In diesem Sinne auch MALIN 49 f., PAPPERMANN 28.
* Anderer Ansicht PAPPERMANN 30.
5 Die Kontroverse geht dahin, ob die Dienstinstruktionen eine Verfassung
Aarstellten (so Karser/BücHEL 568 und SCHÄDLER E. 12) oder nicht (so MALIn 50,
PAPPERMANN 30, QUADERER 9 f.). Maıın 50 führt. aus, dieses Dokument weise
gar keine Unterschrift des Fürsten auf und sei darüber hinaus nicht einmal ver-
5ffentlicht worden. Demzufolge kommt er zum Schluß, daß vom 1. Januar 1808
bis 1818 Liechtenstein keine geschriebene Verfassung besaß. Diese Meinung ver-
tritt in Anlehung an Malin auch PAPPERMANN 30, der zwar schreibt — obwohl
Malin die Formulierung «keine geschriebene Verfassung» gebraucht — «damit
hatte das Land von 1809 bis 1818 überhaupt keine Verfassung». Da er ausdrück-
lich auf Malin Bezug nimmt, ist anzunehmen, daß er unter Verfassung nur eine
geschriebene Verfassung versteht.