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sich allein keine gültige Ehe schließen kann, verschwiegen, oder die ihm
erforderliche Einwilligung fälschlich vorgewendet hat, kann aus seiner
eigenen widerrechtlichen Handlung die Gültigkeit der Ehe nicht bestreiten.
Überhaupt hat nur der schuldlose Teil das Recht, zu verlangen, dass der
Ehevertrag ungültig erkläret werde; er verliert aber dieses Recht, wenn er
aach erlangter Kenntnis des Hindernisses, die Ehe fortgesetzt hat. Eine
von einem Minderjährigen oder Pflegebefohlenen eigenmächtig geschlossene
Zhe kann von dem Vater oder der Vormundschaft nur in so lange, als die
räterliche Gewalt oder Vormundschaft dauert, bestritten werden.
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und der Verhandlung;
5 97 Die Verhandlung über die Ungültigkeit der Ehe steht nur dem Landrechte
des Bezirkes zu, worin die Ehegatten ihren ordentlichen Wohnsitz haben.
Von dem Landrechte ist das Fiskalamt, oder ein anderer verständiger und
rechtschaffener Mann zur Erforschung der Umstände und zur Verteidigung
der Ehe zu bestellen, um die wahre Beschaffenheit der Sache selbst dann,
wenn auf Begehren einer Partei die Verhandlung vorgenommen wird,
von Amtswegen zu erheben.
Wenn das Hindernis gehoben werden kann, soll das Landrecht trachten,
durch die hierzu notwendige Einleitung und das Einverständnis der Par-
:eien es zu bewirken, wenn aber dieses nicht möglich ist, so soll das Land-
:echt über die Gültigkeit der Ehe erkennen.
Die Vermutung ist immer für die Gültigkeit der Ehe. Das angeführte Ehe-
hindernis muß also vollständig bewiesen werden, und weder das überein-
stimmende Geständnis beider Ehegatten hat hier die Kraft eines Beweises,
noch kann darüber einem Eide der Ehegatten Statt gegeben werden.
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insbesondere wegen Unvermögen.
5 100 Insbesondere ist in dem Falle, daß ein vorhergegangenes und immer-
währendes Unvermögen, die eheliche Pflicht zu leisten, behauptet wird,
der Beweis durch Sachverständige, nämlich durch erfahrene Ärzte und
Wundärzte, und nach Umständen auch durch Hebammen zu führen,
Läßt sich mit Zuverlässigkeit nicht bestimmen, ob das Unvermögen ein
immerwährendes oder bloß zeitliches sei, so sind die Ehegatten noch durch
sin Jahr zusammen zu wohnen verbunden, und hat das Unvermögen diese
Zeit hindurch angehalten, so ist die Ehe für ungültig zu erklären.
Zeigt sich aus der Verhandlung des Streites über die Gültigkeit der Ehe,
daß einem Teile oder, daß beiden Teilen das Ehehindernis vorher bekannt
war und daß sie es vorsätzlich verschwiegen haben, so sind die Schuldigen
mit der in dem Strafgesetze über schwere Polizei-Übertretungen bestimmten
Strafen zu belegen. Ist ein Teil schuldlos, so bleibt es ihm heimgestellt,
Entschädigungen zu fordern. Sind endlich in einer solchen Ehe Kinder er-
zeugt worden, so muß für dieselben nach jenen Grundsätzen gesorgt werden,
welche in dem Hauptstücke von den Pflichten der Eltern festgesetzt sind.
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