Quellensammlung
$ 69 Läßt es sich durch äuserliche Zeichen nicht bestimmen, ob das Unvermögen
zeitlich, oder anhaltend sey, so liegt es den Eheleuten ob, noch durch 3 Jahre
zusammen zu wohnen, dauert das Unvermögen während dieser Zeit fort,
30 ist der Ehevertrag ohne Bedenken als ungültig zu erklären.
70 Zeiget es sich, daß niemand oder beiden Theilen das Ehehinderniss vor dem
bekannt war, und sie es vorsätzlich verschwiegen haben, so sind die Schuldi-
gen nach Verhältniss des Verbrechens zu bestraffen, und dem Unschuldigen
bleibt frey gestellt Entschädigung zu fordern. Sind endlich Kinder erzeugt
worden, so muß für sie nach jenen Grundsätzen gesorgt werden, welche in
der folgenden Hauptstüke von den Pflichten der Eltern festgesetzt sind.
Eine gültig geschlossene Ehe zwischen beiden; oder nur einer katholischen
Person kann nur durch den Tod des einen Ehegatten aufgelöst werden; da-
gegen muß die Scheidung von Tisch und Bette, wenn sich beide Theile
dazu verstehen, nur mit der gehörigen Vorsicht gestattet, oder im Falle
eines Widerspruchs dem beschwerten Theile aus rechtmäßigen Gründen
zuerkannt werden.
572 Sind die beiden Ehegatten über ihre Scheidung von Tisch und Bette, und
iber alle Bedingungen unter sich schon einverstanden, so steht es ihnen zu,
sich an ihren Pfarrer zu wenden, und ihm ihren Entschluß sich zu trennen,
samt ihren Beweggründe zu eröfnen.
5 73 Des Pfarrers Pflicht ist es, die Ehegatten an das bei der Trauung einander
gemachte feierliche Versprechen zu erinnern, und ihnen die nachtheiligen
Folgen der Scheidung mit Nachdruk an das Herz zu legen; sind diese wenig-
stens zu drei verschiedenenmahlen wiederholte Versuche ohne Wirkung,
so muß-er den Partheien ein schriftliches Zeugniss ausfertigen, daß sie aller
Vorstellungen ohngeachtet auf ihrem Verlangen sich zu trennen beharren.
$74 Mit diesem Zeugnisse haben beide Eheleute vor dem Gerichte persönlich
zu erscheinen, ein Scheidungsgesuch einzureichen, und das Gericht wird,
ohne die Bewegungsgründe, und Bedingungen zu erforschen, die verlangte
Scheidung bewilligen, haben die auf solche Art geschiedene Eheleute Kinder,
30 ist das Gericht verbunden, für dieselben nach den bestehenden Vorschrif-
ten zu sotgen,
Will ein Theil nicht in die Scheidung von Tisch und Bette einwilligen, und
hat der andere rechtmäßigen Grund, auf dieselbe zu dringen, so müssen die
güttlichen, und klugen Vorstellungen des Pfarrers vorausgeschiket werden,
sind diese fruchtlos, oder weigert sich der beschuldigte Theil gar bei dem
Pfarrer zu erscheinen, dann ist das Scheidungsgesuch mit allen Behelfen bei
dem Gerichte einzureichen, und es ist in dieser Sache, so wie in einem andern
Rechtsstreite zu verfahren,
576 Die Scheidung von Tisch und Bette muß auf Begehren eines Ehegatten
auch ohne Einwilligung des andern in folgenden Fällen gestattet werden:
Erstens: wenn ein Ehegatte sich des Ehebruchs schuldig macht; zweitens:
wenn ein Ehegatte den andern verlassen hat, und falls sein Aufenthaltsort
sekannt ist, auf eine ihm gerichtlich zugestellte Vorladung innerhalb eines
Jahres nicht erschienen ist; drittens endlich, wenn ein Ehegatte von dem
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