Landeskirche und voller Staatsschutz
als öffentliches Vermögen. Eine Enteignung kann sich aber nur zwi-
schen der öffentlichen Gewalt und einer Privatperson abspielen. Die
Säkularisation mißachtet und unterbindet die freie kirchliche Ver-
fügungsmacht über das Kirchengut und verstößt gegen seine öffent-
liche Funktion im kirchlichen Organismus *. Dadurch ist die freie
kirchliche Wirksamkeit erheblich eingeschränkt.
Der Sinn der Gewährleistung des Art. 38 S. 1 ist also nicht so sehr
in der Garantie der privatrechtlichen Vermögenslage, als vielmehr in
dem Schutz der öffentlichen Funktion des Kirchengutes zu sehen.
Damit ist die Schutznorm ins richtige Licht gerückt und einer sach-
gerechten Verfassungsauslegung zugänglich gemacht.
LT. Inhalt und Umfang
1. Gegenstand der Schutzbestimmung
Erklärtes Schutzobjekt ist nach Art. 38 S. 1 das Eigentum und alle
anderen Vermögensrtechte der Religionsgesellschaften und religiösen
Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke
bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögenheiten.
Der Verfassungsgeber wollte mit dieser Umschreibung zweifellos das
gesamte Kirchengut erfassen. Die Einschiebung des Wortes «alle»
vor «Vermögensrechte» bekräftigt diese Ansicht. Die Aufzählung
der drei Vermögenszwecke für Kultus, Unterricht und Wohltätigkeit
ist von untergeordneter Bedeutung. In den Verfassungen der früh-
und hochkonstitutionellen Ära wurde ihr entscheidendes Gewicht
beigemessen. J. Heckel ? weist nach, daß damals mit dieser Formel
das Kirchengut erschöpfend aufgezählt werden sollte. Der Staat ist
jedoch nicht imstande, die Aufgaben einer Kirche inhaltlich zu de-
finieren, da es sich um innerkirchliche Belange dreht. So ist diese
ursprünglich erschöpfend gedachte Beschreibung der kirchlichen
Vermögenszwecke und ebenso die frühere Lehre 3, die die Zweckaus-
richtung als das entscheidende Kriterium ansah, überholt.
1 So HeckeL J. 67.
? 59 f., 68.
AnscHÜrtz 564; EsErs, StuK 214. Danach ist nicht maßgebend, wer das
Eigentum an dem einzelnen Gegenstand hat, sondern ausschließlich die Zweck-
bestimmung.
IL