Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Der der katholischen Kirche garantierte volle Staatsschutz 
kirche hintendiert, hat einem solchen Denkschema, das von der socie- 
tas-perfecta-Eigenschaft der Kirche ausging, den Boden entzogen. 
Die katholische Kirche der Neuzeit ist bestrebt, sich auf ihre Ekkle- 
siologie zu besinnen und ihre Eigenständigkeit und Andersartigkeit 
gegenüber dem Staate, zu dem sie in bewußte Distanz tritt, hervor- 
zukehren, 
Wir müssen daher die verfassungsmäßige Schutzzusicherung an 
die katholische Kirche in Hinsicht auf eine Vollstreckungshilfe in 
«kirchlichen» Angelegenheiten von zwei Seiten her — der staatlichen 
und der kirchlichen — näher beleuchten, um den Sinngehalt dieser 
Verfassungsbestimmung ins richtige Licht zu rücken. 
2. Umfang und Grenzen 
Die von der Kirche beanspruchte staatliche Rechtshilfe setzt grund- 
sätzlich voraus, daß sie Kirchenrechtsvorschriften anbelangt, die 
staatlich vollstreckbar sind *. Dies trifft offensichtlich auf reine Glau- 
benssachen nicht zu. Im staatskirchenrechtlichen Schrifttum ist auch 
unbestritten, daß der originäre Eigenbereich der Kirche von der staat- 
lichen Hoheitsmacht ausgenommen ist. Ebenso wenig kann es sich 
um Angelegenheiten handeln, die gemäß Verfassung als rein weltlich- 
staatliche in die ausschließliche Staatskompetenz fallen. Damit ist die 
Ausgangslage gewonnen und zugleich der in Frage kommende Zwi- 
schentaum aufgedeckt, in dem die Kirche Maßnahmen geistlicher 
Natur erläßt, die zeitliche Folgen auslösen, deren Beachtung durch 
den Betroffenen auch die Gewährleistungspflicht des Staates für die 
Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung berührt ?. Der in der 
Verfassung statulerten. öffentlichrechtlichen Korporationsqualität der 
katholischen Kirche eignet eine verstärkte staatliche Schutzgarantie. 
Mangelt es ihr an geeigneten Machtmitteln, eine von ihr verhängte 
Strafsanktion zu vollziehen, die an die Peripherie der öffentlichen 
Ordnung in Staat und Gesellschaft rührt, die intakt zu halten, sich 
die Kirche neben dem Staat mitverantwortlich fühlt, scheint es ein 
Gebot der Billigkeit und Angemessenheit zu sein, wenn der Staat 
ihr seine Brachialgewalt zu Verfügung stellt 5. Als oft herangezogenes 
. Vgl. dazu IseLg, Gutachten II, 20 £. 
* So SrtricL 821. 
* Vgl. StrRiGL 834. 
70
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.