Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Der der katholischen Kirche garantierte volle Staatsschutz 
deren Religionsgemeinschaften («Konfessionen»). privilegierten er- 
höhten Verfassungsrang der katholischen Kirche. Versucht man eine 
nähere Begründung dieser Verfassungsbestimmung zu ermitteln, so 
muß man auf die frühen Entwürfe und den Regierungsentwurf zu- 
rückgreifen. Sie sprechen entweder nur von «Schutz»! oder dann 
von «besonderem Schutz» 2, Die nachträgliche Einflechtung des Bei- 
wortes «vollen» resultiert aus den Beratungen der kirchlichen Ab- 
änderungs- und Zusatzanträge. Der Verfassungsgeber wollte damit 
zum Ausdruck bringen, daß die katholische Kirche nicht nur faktisch, 
sondern auch rechtlich die traditionell vorherrschende Position im 
Staatskirchengefüge der Verfassung einnehmen soll, wozu ihr das 
Schutzversprechen einen sachadäquaten verfassungskräftigen Rück- 
halt für ihre historisch überkommenen Rechte verleiht. Der Bischof 
beantragte im $ 37 Abs. 2 der Regierungsvorlage 3? den Zusatz, nach 
dem Wort ‚Staates‘ einzufügen: «nach Maßgabe ihrer Rechtsnor- 
men» *, Diesem Antrag blieb die Zustimmung versagt. Er stieß auf 
«einhellige Ablehnung» 5, da er vor allem dem Argumente begeg- 
nete, daß «auf ein Recht Bezug genommen würde, das im Landes- 
gesetzblatt nicht verlautbart werden kann und welches im Falle, als 
über dessen Auslegung zwischen Kirche und Staat Meinungsverschie- 
denheiten entstünden, wohl nur von der Kirche rechtsgültig inter- 
pretiert werden kann, was unter Umständen einen schweren Eingriff 
in die Rechte des Fürsten und der Volksvertretung beinhalten wür- 
de» °. Die «Kompromiß»-Lösung bestand darin, daß eine teilweise 
Neufassung des $ 37 Abs. 2 Platz griff, die das Schutzversprechen 
des Staates präzisierte. Man erblickte in der Umschreibung «vollen 
Schutz» eine ausreichende verfassungsrechtliche Sicherung des kirch- 
lichen Gesamtstatus 7. Die hier vom Verfassungsgeber gewählte For- 
- A14/$5, A 17/6 37. 
? A15/8 6, A 16/6 6. 
» A117. . 
+ Zitiert aus dem Brief von J. Ospelt an den Bischof von Chur vom 5. August 
1921, BAC O 193 e/1921. 
5 Auch der spätere Vorschlag des Bischofs in seinem Schreiben vom 17. August 
1921, BAC O 193 e/1921 oder LRA Reg. 1921 Nr. 963, «ihre Verfassung, Lehre 
and Kultus genießen den vollen Schutz des Staates», fand beim Verfassungsgeber 
kein Gehör. 
5 J. Ospelt, siehe Fußn. 4. 
' J. Ospelt macht in seinem Brief an den Bischof vom 5. August 1921 (siehe 
Fußn. 4) ausdrücklich auf ein Entgegenkommen staatlicherseits aufmerksam. «Da- 
Jr
	        

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