Landeskirche und voller Staatsschutz
katholischen Kirche zu verdeutlichen, die — wie schon erwähnt — der
Eigenart der Rechtsgestalt der katholischen Kirche nicht entspricht.
An die Landeskirchenqualität einer Kirche sind seit alters her Vor-
rechte und Privilegien geknüpft !. Diesbezügliche Hinweise lassen
sich in verschiedenen Gesetzen ausfindig machen. Das Gesetz über
das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom
10. Dezember 1912 ? bestimmt in $ 320, daß Geistliche in Ansehung
dessen, was ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel geist-
licher Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde, nicht als Zeugen ver-
nommen werden dürfen. Das Gemeindegesetz vom 2. Dezember
1959 3 erkennt ihnen das Recht zu, die Wahl zu einem Gemeindeamt
abzulehnen. Weiter sieht etwa die Rechtssicherungsordnung vom
9. Februar 1923 *+in Art. 112 vor, daß Gegenstände, die zur Aus-
übung des Gottesdienstes einer gesetzlich anerkannten Kirche oder
Religionsgenossenschaft verwendet werden, der Zwangsvollstrek-
kung von Geldansprüchen entzogen sind, ebenso die bei Geistlichen
zur Verwaltung des Dienstes oder Ausübung des Berufs erforder-
lichen Gegenstände und anständige Kleidung.
Aus der öffentlichrechtlichen Körperschaftsqualität wird gemein-
hin abgeleitet, daß die Kirche generell öffentlichrechtlich handle, ihre
Gewalt öffentliche Gewalt und ihr Recht öffentliches Recht sei >.
Diese allzu oberflächliche Betrachtungsweise scheint zugunsten einer
sachgerechteren ins Hintertreffen zu geraten. Der stark im Vormarsch
begriffene Spiritualisierungsprozeß des Kirchentechts in der moder-
nen Theologie und Kirchenrechtslehre hat gegenüber dem Staat die
Wesenseigenart von Recht und Gewalt der Kirche deutlich werden
lassen. Der Unterschied zu den staatsbezogenen Rechtsinhaltsbegrif-
fen wie «öffentliches Recht» und «öffentliche Gewalt» ist augenfällig
geworden. Bezeichnend ist, wie Hollerbach bemerkt °, daß sich die
Kirche in Lehrdokumenten nirgends als öffentliche Gewalt bezeichne
oder ihr Recht als öffentliches Recht qualifiziere. Die Frage, ob durch
ı Vgl. Essens, Stellung der Protestanten 16; Mıxar, Religionsgemeinschaften
218 £., vgl. auch Abschnitt 2 dieses Kapitels.
2? B 64.
3 B 114.
+ B 80.
5 Vgl. etwa B 111 Art. 2.
5 In: Essener Gespräche I, 53.
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