Landeskirche und voller Staatsschutz
recht entlehnt und charakterisiert dort die besondere Position der
wesentlichen evangelischen Partikularkirchen im Staate, kraft welcher
sie als die eigentlichen Kirchen eines bestimmten Territoriums auf-
treten 4. Es ist ein kirchengeschichtlich bedingter Begriff, der aufs
engste mit dem landesherrlichen Kirchenregiment zusammenhing.
Der Landesfürst übte als «praecipuum membrum ecclesiae» die «po-
testas ecclesiastica» aus, da nur er die Ordnung der Kirche zu garan-
tieren vermochte 2. Dies ist auf evangelischer Seite das Ergebnis der
durch die Reformation geschaffenen neuen kirchenpolitischen Lage.
Das Landeskirchenprinzip ist nach dem Selbstverständnis der refor-
matorischen Lehre ein konstituierendes Element der rechtlichen Exi-
stenz der Kirche 3.
Den Schlüssel zur sachgerechten begrifflichen Erfassung der katho-
lischen Kirche birgt ihr Selbstverständnis. Es kann und darf ihr nicht
ein landesbegtenztes Begriffsgewand, in das sie nicht paßt, oktroyiert
werden. Vielmehr ist von ihrer Eigenart Kenntnis zu nehmen. Der
Ausdruck «Landeskirche» widerstreitet nun aber offenkundig dem
universellen Charakter der katholischen Kirche. Man war sich schon
früher unter dem alten Regime der staatlichen Kirchenhoheit (Lan-
deskirchentum) bewußt, daß eine territoriale Aufgliederung und Be-
grenzung ihrem Wesen nicht entspricht, nahm dies aber in Kauf *. Im
Schrifttum wird auf diese verfehlte Formulierung aufmerksam ge-
macht mit dem Hinweis, der die Schwäche der Begriffsterminologie
aufdeckt, von katholischer Landeskirche könne nur in einem «über-
tragenen» 5, «nicht eigentlichen» ° Sinne gesprochen werden 7.
Bleibt man auf der Linie der vom Vatikanum II gesteckten Aus-
sagen über die Kirche, so muß man dafürhalten, daß nicht nur der
Ausdruck «Landeskirche», sondern auch das System des Landes-
ı So Pırson Sp. 1206; vgl. auch EsErs, Stellung der Protestanten 10.
2 Vgl. zur Begründung der politischen Kirchenordnung, WoLF E. 370 ff.
3 Vgl. Pırson Sp. 1208.
+ So SCcHEUNER, Landeskirche Sp. 222.
5 SCHEUNER, Landeskirche Sp. 222.
5 LAMpPERT, Landeskirchen 16,
Schon Kar, Lehrsystem 59, bemerkt richtig, daß die katholische Kirche
einen selbständigen kosmopolitischen Charakter behaupte. Von katholischer
Landeskitche könne daher nur in dem Sinne gesprochen werden, daß gewisse
verfassungsmäßig abgegrenzte Teilgebiete dieser Kirche (z. B. eine Diözese) in
bestimmte Staatsgrenzen eingeschlossen und in dieser Begrenzung einer durch
die Staatsgewalt näher festgesetzten landesrechtlichen Ordnung unterstellt seien.
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