Problematik einer Eherechtsreform
Behörden Unsicherheit und Zweifel in der entscheidenden Frage der
Zuständigkeit heraufbeschworen, mit der Folge, daß die Reformbe-
strebungen bis heute stagnierten. An der Duplizität des Eherechtes
wurde zwar festgehalten, man wagte es aber nicht, kraft eigenstaatlicher
Hoheit zu einer Regelung vorzustoßen, so daß man zu einer nicht
restlos überzeugenden Rechtfertigung der vorläufigen «Einfrierung»
des Entwurfes Zuflucht nehmen mußte *, Der Hinweis auf die ab-
lehnende Stellungnahme der Kirche reicht für eine Begründung nicht
aus und entledigt Landtag und Regierung keineswegs ihres vom
Volkswillen übertragenen Mandates, fortgesetzt nach möglichen
Lösungen zu suchen. Eine Haltung, die sich lediglich auf die Kirche
abstützt, die hier im Sinne einer veralteten Staatskirchendoktrin als
«autoritäre Staatsstütze und -institution» * verstanden wird, und die
im Grunde für das Scheitern des Gesetzesentwurfes verantwortlich
gemacht wird, ist nicht haltbar. Gerechterweise muß man jedoch fest-
halten, daß die zuständigen kirchlichen Stellen an den «Landeskir-
chen-Status» Vorstellungen anknüpften, die mit dem Begriffe einer
Staatskirche identisch sind. Demzufolge haben sie den « katholischen
Staat» kreiert, wohl aus Vorsicht, um sich vor eventuell wiederkeh-
renden « Suprematie-Rivalitäten» ° abgesichert zu wissen.
Nun haben aber gerade die Erklärungen des Vatikanums II dieses
nach dem Wortlaute der Verfassung zu eng gefaßte Staatskirchensy-
fertigt. Die vorherrschende Meinung kommt aber im Schreiben der Regierung
an N. N. vom 11. Juni 1948, LRA Reg. Aktenbündel 246 Nr. 72, zum Ausdruck,
Es heißt dort: «... Sie müssen nicht vergessen, daß gemäß der in Liechtenstein
geltenden Verfassung die katholische Religion eben Staatsreligion ist und so
wichtige einschneidende Änderungen im Eherecht nicht ohne enge Fühlung-
aahme mit der Kirche geschaffen werden können.»
“ Die Regierung führt in ihrem Schreiben an N. N. vom 1. April 1949, LRA
Reg. Aktenbündel 246 Nr. 72 u. a. aus: «... Dieses (das bischöfliche Ordinariat)
kann dem vorgelegten Entwurfe in dieser Form nicht zustimmen. Auf der andern
Seite sind die hiesigen Behörden nicht gewillt, eine wesentliche Erleichterung in
der Ehegesetzgebung im Sinne einer Lockerung der bürgerlichen Bestimmungen
zu schaffen. Kann die Notzivilehe als solche nicht ausgebaut werden, so liegt auch
kein Grund vor, andere Bestimmungen des geltenden bürgerlichen Rechtes ohne
weiteres fallen zu lassen oder durch ‘erleichterte” zu ersetzen. Es ist heute so, daß
eine neuerliche Vorlage bei Landtag und Bevölkerung nicht gutgeheißen würde.
Es bestünde wenig Aussicht, den Entwurf durchzubringen. Aus diesen Erwä-
gungen heraus, muß die Weiterverfolgung der Angelegenheit vorläufig unter-
oleiben.»
? Diese Formulierung ist von HECKEL M. VVDStRL 25 entlehnt.
Dieser Ausdruck stammt von Hecke. M. VVDStRL 25.
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