Problematik einer Eherechtsreform
eine für sie vorteilhafte Ausgangsposition, hatte es doch das kanoni-
sche Eherecht in seinem vollen Umfange anerkannt !. Obwohl aus
vorläufig noch nicht restlos geklärten Gründen ? ein Konkordat nicht
zustandekam, besann man sich doch in vermehrtem Maße auf ein
einverständliches Eherechtsverfahren, das einem echten gegenseitigen
Bedürfnis entsprach. Schon am 15. März 1841 unternahm das bischöf-
liche Ordinariat einen Vorstoß in diese Richtung 3, In der Beschwer-
deschrift, die auf die tatsächliche Eherechtslage ziemlich ausgiebig
einging, appellierte es an eine der Kirche entgegenkommende staat-
liche Verhaltensweise *. Einen nicht unwesentlichen Einfluß auf diese
Entwicklung der «Annäherung der Standpunkte» übte die erstatkte,
bewußt eigenständigere Position der Kirche im Staate aus 5. Dieser
L So FRIEDBERG 148.
2 Siehe GErGER P. 208, 298. Ebenso das Schreiben des Landesverwesers von
Hausen an das Ordinariat vom 13. November 1865, BAC O 193 e/1865. Darin
führt er aus, Fürst Johann IL., Nachfolger des am 12. November 1858 verstor-
benen Fürsten Alois, könne nicht verhehlen, daß der «gegenwärtige Zeitpunkt,
wo Angelegenheiten kirchlicher Natur einen großen Teil der katholischen Be-
völkerung Deutschlands in bedauerliche Aufregung versetzten, eben nicht der
günstigste zur Abschließung von Concordaten erscheint, welche letztere verfas-
sungsgemäß das Dazwischentreten beider gesetzgebenden Faktoren bedingen.»
3 Vgl. die Memotialschrift des bischöflichen Ordinariates an den Fürsten vom
15. März 1841, BAC O 193 e/1841.
+ In dieser Beschwerdeschrift (Aktennachweis in Fußn. 3) führt es u. a. aus:
«... Wiederholte Vorgänge, welche die Geistlichkeit in die unangenehmste Stel-
lung-dem Oberamte gegenüber gebracht und in mehrfache Kollisionen verwickelt
haben, erwecken den heißesten Wunsch zu einer diesfälligen bereitwilligen Be-
achtung des allgemeinen katholischen Kirchenrechts und dasiger Amtsort be-
stehenden Diözesan-Praxis. Denn die Weise, wie bisher das dortige Oberamt die
Ehefragen in Sponsalien und Eheverkündigungen, in Ehehindernissen der Bluts-
verwandschaft, und Schwägschaft, und daher nöthig gewordener Dispensation in
Ehescheidungssachen von Tisch und Bett, in gezeigter Hinneigung zu Begünsti-
gung gewagter Gesuche für paritätische Eheverbindungen usw. — behandelt hat,
steht nicht ganz im Einklange weder mit unseren bisherigen Diözesan-Verord-
nungen, noch mit den kanonischen Bestimmungen der allgemeinen Kirche. Fast
unentbehrlich sind daher Annäherungen der Weltlichkeit, wodurch die fälligen
Anstrebungen des Oberamtes mit den kanonischen, und Diözesan Vorschriften
in Harmonie gebracht, das feindliche Benehmen beidseitiger Behörden consolidiert
(gewährleistet), das pfarramtliche Verfahren wesentlich erleichtert, sowie hin-
wieder durch pflichtmäßiges Einwirken der Geistlichkeit das landesfürstliche An-
sehen befestiget und auf solche Weise genauer beobachtet, und allseitige Erbauung
des Volkes erweckt werden könnte...»
5 Landesverweser von Hausen schreibt am 30. August 1865 an die Hofkanzlei,
HA 1865/10017 (dieses Aktenstück habe ich freundlicherweise von Dr. Peter Geiger
erhalten), indem er zu einem Scheidungsprozeß Stellung nimmt, daß sich die
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