Anfänge und Übergang zum eigenstaatlichen Eherecht
wicht bei !, Erst die Schaffung eines vom kanonischen Recht abwei-
chenden materiellen Eherechtes weckte das Bedürfnis nach der Ein-
führung der Zivilehe ?, Das ABGB läßt jedoch in mancher Hinsicht
kirchliche Rechtssätze unangetastet.
2, Das konfessionell differenzierte Ehescheidungs- und Ehetrennungsrecht
Die rechtliche Durchformung eines konfessionell differenzierten Ehe-
scheidungs- und Ehetrennungsrechtes ist das Spiegelbild damaliger
staatskirchenrechtlicher Verhältnisse. Das ABGB konnte die reli-
gionspolitischen Tatbestände nicht ignorieren. Es trug ihnen dadurch
Rechnung, daß es den Religionsgemeinschaften wesensmäßige Glau-
bensinhalte entlehnte — so etwa der dominanten katholischen Reli-
gion den Glaubenssatz der Unauflöslichkeit der Ehe — um den ver-
schiedenen religiösen Anschauungen seiner Bürger gerecht zu wer-
den 3. Diese Art von kompromißhafter Vermengung staatlicher und
kirchlicher Normen, die offen dem Toleranzgedanken das Wort re-
dete, hatte letztlich eine halbe und unzulängliche Lösung zur Folge,
die keine der beiden Seiten zu befriedigen wußte *.
Das ABGB tastet das katholische Eherecht in der Frage der Un-
auflöslichkeit der Ehe insoweit nicht an, als sie mit dem von ihm
vertretenen und ausgeprägten naturrechtlichen Vertragscharakter der
Ehe vereinbar und dem von christlichen Vorstellungen beeinflußten
Ehebild nicht abträglich ist. Aus $ 116 ist ersichtlich, wie konsequent
der Vertragsgedanke ausgebildet und durchgeführt ist. Die Ehen von
Akatholiken unterstehen nach deren Übertritte zum Katholizismus
weiterhin dem akatholischen. Ehetrennungsrechte, d. h. sie sind dem
Bande nach löslich. Das Trennungsbegehren ist nur für die Dauer
ihrer Zugehörigkeit zum katholischen Bekenntnisse nicht zulässig 5.
Der in den $$ 62 und 111 ausgesprochene nachhaltige Schutz der
Unauflöslichkeit der Ehe ist trotz unterschiedlicher staatlicher und
kirchlicher Begründung neben der im $ 75 festgelegten Beibehaltung
der kirchlichen Eheschließungsform das wohl eindrücklichste Unter-
scheidungsmerkmal gegenüber einer säkularisierten Ehegesetzgebung.
| So SchHwas 215.
* Vgl. SchHwas 215.
} Vgl. HussArexg, Ehetrennungsrecht 308.
* So HussArexg, Ehetrennungsrecht 315.
Vgl. HussArex, Ehetrennungsrecht 310.
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