Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Anfänge und Übergang zum eigenstaatlichen Eherecht 
nach Wien übersandte !. In der Präambel des Gesetzesentwurfes er- 
innert er noch einmal an den unhaltbaren Rechtszustand, den zu be- 
seitigen, ihm bei der Ausarbeitung als Leitidee diente ?, Das Eherecht, 
das unverkennbare Züge josefinischer Geisteshaltung verrät, die er 
dem später eingeführten ABGB vorwegnimmt, kommt im dritten 
Hauptstück in 50 Paragraphen zur Darstellung. Fürst Johann gibt 
dem ABGB, dessen Kodifikation damals schon weit fortgeschritten 
war, den Vorzug. Mit der fürstlichen Verordnung vom 18. Februar 
1812 gelangte es in Liechtenstein zur Geltung 3. Offensichtlich paßte 
eine Rezeption besser ins Konzept der landesfürstlichen Gesetzge- 
bung, die vom 16. Oktober 1819 bis zum 20. Januar 1843 einer auto- 
matischen Übernahme der österreichischen Gesetze glich *. Der Ge- 
danke der Zweckmäßigkeit und die Gewähr der Rechtssicherheit 
mögen ihn dazu bewogen haben. Die Ordnung des Eherechtes hat als 
Grundlage das Ehepatent Kaiser Josefs II. vom 16. Jänner 1783 bei- 
behalten und ist im wesentlichen nach ihm gestaltet. Wie Holböck in 
seinem Aufsatze * bemerkt, ist es materiell im großen ganzen mit dem 
tridentinischen kirchlichen Eherecht identisch. 
Mit der Rezeption des ABGB hat der Staat nach dem Muster 
Österreichs den Schritt vom System des Einzeleingriffs in das Ehe- 
recht zum System der Gesamtkodifikation vollzogen. Damit ist in 
Liechtenstein ein vollständiges eigenstaatliches Eherecht in Kraft, 
das den Anspruch auf Ausschließlichkeit erhebt. Die Anwendung des 
bisher exklusiven kanonischen Rechtes blieb nun vollumfänglich aus- 
geschlossen ©, 
1 Siehe LRA Fasz, G 1; vgl. dazu auch MaALın 108. Das Eherecht ist in B 4 
abgedruckt. 
2 «Damit unsere getreuen Unterthanen über die Gränzen und den Umfang 
ihrer Rechte und Pflichten für sich, und ihre Mitbürger aufgeklärt, der Genuß 
ihrer Rechte befestiget; die Erfüllung ihrer Pflichten erleichtert; die Person, und 
das Eigenthum gegen einen ungerechten Eingriff geschützet, und eine Gleich- 
förmigkeit in den gerichtlichen Entscheidungen herbeigeführet werde, haben wir 
die Einführung eines bürgerlichen Gesetzbuches für notwendig erachtet ...» 
(Aktennachweis unter Fußn. 1). 
3 Mit Ausnahme des Erbrechts, das erst mit der Verordnung vom 6. April 
1864 Nr. 3877, LRA NS 1864, rezipiert wurde. 
* Vgl. GscHNITZER, in: Gedächtnisschrift Marxer 27. 
5 In: Gedächtnisschrift Marxer 115. 
5 Vgl. ScHwas 212. 
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