Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Anfänge und Übergang zum eigenstaatlichen Eherecht 
lage — im Gegensatz zu andern Staaten * — das gesamte Ehewesen mit 
Ausnahme der behördlichen Ehebewilligungen unterstand. Das Zir- 
kular beinhaltet und bestätigt aber im Ergebnis — wenn auch nur in- 
direkt — eine Ausweitung der staatlichen Einflußnahme auf den Ehe- 
schließungsakt, da ohne vorausgehende «amtliche Heirathsbewilli- 
gung» ?, die letztlich über die Zulässigkeit einer Ehe entscheidet, die 
kirchliche Dispensationsgewalt gar nicht zum Zuge kommen kann, 
Es schreibt nämlich vor, daß in Zukunft «dispensationes quo ad 
promulgationem» nur in wirklichen Notfällen und erst zu dem Zeit- 
punkte erteilt werden dürften, von dem an die «politische Zufrieden- 
heit» von seiten des Oberamtes über den Dispensationsfall vorliege 3. 
Um ein sachgerechtes lückenloses und funktionierendes Gesetzes- 
system zu erhalten *, sah sich der Monarch weiter gezwungen, in der 
Verordnung vom 15. Juli 1841 5 ausdrücklich festzusetzen, daß «jede 
ohne Erlaubnis Unseres Oberamtes oder Unserer Hofkanzlei im Wege 
der höheren Berufung von einem Liechtensteiner im Auslande ein- 
gegangene Ehe in staatsrechtlicher Hinsicht als völlig ungültig» be- 
trachtet werde, und «dieselbe erforderlichen Falls von Obrigkeits- 
wegen getrennt» werden könne. Die erwähnten «obrigkeitlichen Ver- 
fügungen» haben in der Verordnung vom 4. November 1842 © Er- 
gänzungen und Präzisierungen erhalten, die einen erweiterten Kata- 
log von Tatbeständen erbringen, die die Erteilung von Vereheli- 
chungslizenzen ausschließen. Das Ehehindernis des fehlenden politi- 
schen Ehekonsenses 7, das im Sinne des «gemeinen Wohls, der öffent- 
lichen Sicherheit und Sittlichkeit der Staatsgesellschaft unerwünsch- 
1 So in seinem Schreiben an den Fürstbischof vom 2. Mai 1811, LRA Fasz. 
G 1 pol. 130. 
2 Zitiert aus dem Zirkular an die Geistlichkeit vom 2. Mai 1811, LRA Fasz. 
G 1 pol. 129. 
* Schuppler begründet dies damit, daß die Eheverkündigungen nicht bloß 
«Formalitäten» seien, sondern von der Kirche und der weltlichen Behörde fest- 
gesetzte «Bedingnisse» zur Gültigkeit der Ehe. Vgl. das Zirkular an die 
Geistlichkeit vom 13. Mai 1811, LRA G 1 pol. 144. 
* Vgl. das Schreiben des Fürsten Alois an den Bischof vom 5. August 1841, ab- 
gedruckt in: Eherecht des FL, 32 ff., hrsg. von der Regierungskanzlei im Mai 1948, 
5 Aktennachweis in Fußn. 4 oder B 10. 
5 B 11. 
So Entscheid des OG vom 29. Oktober 1947, J 414/43, in: Entscheidungen 
der liechtensteinischen Gerichtshöfe von 1947-1954, 49 £. Vgl. auch den Ent- 
scheid des StGHs vom 4. Dezember 1947, in: Entscheidungen der liechtenstei- 
nischen Gerichtshöfe von 1947-1954, 40 £. 
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