Staatlicher und kirchlicher Zuständigkeitsbereich
Ordnung Liechtensteins ist seit jeher stark vom teligiösen Charakter
der Sonn- und Feiertage beeinflußt und bestimmt *. Seit 1867 rücken
vermehrt sozialpolitische ? und wirtschaftliche Momente in den Vor-
dergrund 3.
Die Kirche wird heute danach trachten müssen, daß die staatlich
anerkannten und die von der Kirche geforderten Feiertage möglichst
zusammenfallen, um das Ineinandergreifen beider Rechtsordnungen
zu wahren. Die Begründung beruht vor allem darauf, daß für den
einzelnen Staatsbürger die Möglichkeit bestehen bleibe, die religiösen
Gebote seiner Kirche befolgen zu können *.
1 Dies verdeutlicht eine Aufzählung der staatlich anerkannten Feiertage: Neu-
jahr, Drei-König, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, Mariä
Himmelfahrt, Allerheiligen, Mariä Empfängnis, Weihnachten, St. Stephanstag;
s. B 82.
2 A19 Art. 19 Abs. 2: «Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage
sind ... öffentliche Ruhetage.»
3 In diesem Sinne der Kommissionsbericht über den Antrag des Abgeordneten
Kirchthaler betreffend die Abschaffung von 10-12 Feiertage resp. deren Ver-
legung auf Sonntage vom 24. Juli 1867, BAC O 193 e/1867. Berichterstatter
Kessler führt u. a. folgendes aus: «... Die Einschränkung der Feiertage ist eine
politische Angelegenheit, welche gegenwärtig nicht bloß den Volks- und Staats-
wirth, sondern auch die Staatsregierungen beschäftigt. Vom Volks- und Staats-
wirth ist überzeugend dargethan worden, daß das Übermaß an Feiertagen eine
Hauptursache der Volksverarmung ist. Sachkenner haben ziffermäßig nachge-
wiesen, daß dem österreichischen Nationalwohlstand mit jedem Feiertag ein Nach-
theil von 12 Millionen Gulden erwächst. Die Staatsregierungen können sich der
Nothwendigkeit der Feiertagsbeschränkung nicht mehr verschließen. Spanien,
die SchwWeiz;-Bayern usw. haben mit dem päbstlichen Stuhle Unterhandlungen
darüber angeknüpft. Ist die Beschränkung der Feiertage anderwärts nothwendig,
so ist sie für unser Ländchen der besonderen Verhältnisse wegen doppelt geboten.
Die Wohlstandsquellen des Landes sind gering. Zu einer größeren industriellen
Entwicklung fehlen die natürlichen Voraussetzungen; die Gewerbe und der
Handel sind unbedeutend ... Die Commission sprach sich auch über die Art und
Weise der Einschränkung der Feiertage aus, und beschloß den Antrag zu stellen:
Es sei die hohe Regierung zu ersuchen, mit der bischöfl. Curie über Abschaffung
resp.: Verlegung der Feiertage auf Sonntage mit Ausnahme der Hauptfeste, dann
des Neujahrsfestes, Christihimmelfahrt, Fronleichnamsfestes, Mariae Himmel-
fahrt und des Allerheiligenfestes, in Unterhandlung zu treten.» Vgl. dazu die
bischöfliche Verordnung bezüglich der Aufhebung von Feiertagen und der
Hauptpatrocinien vom 6. Juni 1868, C. 3.
‘ Vgl. ERMACORA 421; nach can. 1248 besteht für den Katholiken die Pflicht,
an Sonn- und Feiertagen die heilige Messe zu besuchen und sich körperlicher
Arbeit zu enthalten.
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