Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Vermengung von staatlichen und kirchlichen Belangen 
IIT. Die Verwaltung des Kirchengutes 
in den « Kirchgemeinden » 
1. Rechtshistorischer Ansatz: Kirchengut und Verwaltung in der Ge- 
setzgebung 
Konsultieren wir die Verfassung und analysieren wir ihren Begriff 
«Kirchengut», so ist Art. 38 S. 1 heranzuziehen, der in dieser Aus- 
fotmung relativ jungen Ursprungs ist und in diesem Umfange erst- 
mals in der heute geltenden Verfassung von 1921 anzutreffen ist. In 
seiner Wurzel geht er auf die Preußische Verfassung vom 31. Ja- 
nuar 1850 zurück !. Versucht man den Begriff Kirchengut in einer 
verfassungsgeschichtlichen Perspektive zu ergründen, so stellt man 
fest, daß er einem Wandel unterworfen ist. 
Die Dienstinstruktionen vom 7. Oktober 1808, die einem aufge- 
klärt absolutistischen Staatsideal huldigten, lenkten das Hauptaugen- 
merk auf die Wohlfahrtspflege. Dem Staatsdenken des rationalen Na- 
turrechts der Aufklärung, dem die geistliche Sicht der Kirche ab- 
handengekommen ist, degradiert die Kirche zu einem innerstaatli- 
chen Verband neben anderen Verbänden, die der Souveränität des 
Landesfürsten unterstellt sind. Der absolute Staat setzt die Staats- 
kirchenordnung einseitig fest und beansprucht eine allgemeine Kir- 
chenhoheit, die er auch auf die Verwaltung der «Kirchen-Kapita- 
lien» ? ausdehnt. Er unterwirft sie der Oberaufsicht der Staatsver- 
waltung. Das Kirchenvermögen erfährt eine «weltliche» Umdeutung, 
indem es vordergründig zu den Staatszwecken in Bezug gesetzt wird, 
an denen sein «Nutzwert» gemessen wird. Das für die Kirche als 
«überzählig» erachtete Vermögen konnte der staatlichen Wohlfahrts- 
pflege zugewendet und nutzbar gemacht werden 3. J. Heckel nennt 
diesen Begriff Kirchengut «aufgeklärt-territorialistisch» *. 
Die den Dienstinstruktionen geistesverwandte oktroyierte Verfas- 
sung von 1818 5 schweigt sich über eine Begriffsumschreibung des 
Kirchengutes aus und gibt darüber keinen näheren Aufschluß. Rich- 
ı Vgl. Art. 15, abgedruckt in: LIERMANN 10, 
2 A 1/10tens. 
3 Vgl. dazu etwa A 1/8tens, 
* Heckel J. 56. 
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