Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Innerkirchliche Angelegenheiten 
sonders eindrücklich eine Gegenüberstellung der divergierenden Auf- 
fassungen von allgemeinem Priestertum und öffentlichem Predigt- 
amt innerhalb der evangelischen Kirche darzutun, Das reformierte 
Kirchenverständnis legt den Schwerpunkt auf das allgemeine Priester- 
tum, das allein auf göttliche Stiftung zurückgeht. Grundlage der 
ganzen Kirchenverfassung bildet die Gemeinde. Das lutherische Kir- 
chentum räumt dagegen dem öffentlichen Predigtamt, das iure divino 
eigenständig und nicht aus dem allgemeinen Priestertum abgeleitet 
ist, entscheidendes und maßgebendes Gewicht in der Kirche bei. 
In den Zuständigkeitsbereich der Kirche fällt die Errichtung und 
territoriale Gliederung der kirchlichen Teilverbände, die Errichtung 
und Supprimierung, Verleihung und Einrichtung der Ämter. Sie um- 
schreibt den Kreis der Rechte und Pflichten der Amtsinhaber und be- 
stimmt die Voraussetzungen für den Erwerb und den Verlust des 
kirchlichen Amtes. Ein Ernennungs-, Wahl- und Vorschlagsrecht ist 
nur im Rahmen eines besonderen, Rechtstitels (Patronat, Vertrag, In- 
dult) zulässig. So gehört nach dem geltenden Gemeindegesetz vom 
2, Dezember 1959 in Art. 4 Abs. 1 lit. h! die Ausübung des Präsen- 
tationsrechtes bei der Besetzung von erledigten Pfründen, insoweit 
die Gemeinde dieses Recht besitzt, in den Aufgabenbereich des 
erweiterten Gemeinderates. Diese Bestimmung trifft man in der Ge- 
setzgebung schon früher an, so etwa in den Entwürfen einer Ge- 
meindeordnung 2, in der Amtsinstruktion von 1862 3 und im aufge- 
hobenen Gemeindegesetz von 1864 *. Ansatzpunkte zu einer recht- 
lichen Normierung sind bereits in den Verfassungsentwürfen von 
1848 vorhanden 5. Unter dem Präsentationsrtecht, das die meisten Ge- 
meinden als Patrone der Pfarrei innehaben ©, ist die Befugnis zu ver- 
stehen, zur Neubesetzung eines erledigten Patronatsbenefiziums dem 
Ortsordinarius einen geeigneten Geistlichen rechtsverbindlich vorzu- 
1 B 113. 
2 B23/$ 5 Abs. 2 und $ 38 lit, c. 
3 B 30/$ 69 Ziff.. 1, 2 und 3. 
* B 32/6 4 Ziff. 8, $ 41 Ziff, 5. 
A 5/6 85, A 6/$ 23. 
5 Vgl. die Aufzählung der patronatischen Gemeinden bei LIinpr, in: AKKR 
98 (1918), 575 £., oder Tagesordnung für die Landtagssitzung vom 22. November 
1917 Ziffer 3 Regierungsvorlage betreffend die Regelung der Congrua und Führung 
der Zivilstandsregister, LRA Landtagsakt Nr. 21 Jg. 1917. 
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