Kirchliches Selbstbestimmungsrecht
staatlichen und kirchlichen Angelegenheiten festzustellen *. Freilich
überholt ist eine Grenzziehung, die nur jene Angelegenheiten als
innerkirchliche gelten läßt, die nicht von der staatlichen Gesetz-
gebung erfaßt sind 2.
Auf dem einmal eingeschlagenen Weg des «Einvernehmens»,
der heute noch durchaus den modernen Tendenzen des Staatskirchen-
rechts entspricht, gilt es für den Staat mit gebührender Aufgeschlossen-
heit voranzuschreiten. Dieser beidseits nützlichen und vielverspte-
chenden Handreichung muß vermehrt größeres Gewicht beigemessen
werden, um nicht wieder in die starre Axiomatik unabdingbarer
Prinzipien abzugleiten. Für den Staat und die Kirche bedeutet die
Verständigung ein risikoloses Unterfangen, mögen sie sich auch
zuerst fragen, was sie mit Neuerungen einhandeln, wenn es um un-
aufgebbar scheinende Positionen geht, bevor sie sich vom «Alt-
Bewährten» abkehren.
I. Der originäre Eigenbereich der Kirche gemäß Art. 37
der geltenden Verfassung
Die Verfassung von 1921 und noch vielmehr die Entwürfe zeigen
ein annehmbar positives Bild der Verschiedenartigkeit der beiden
unabhängig voneinander existierenden Gewalten auf, Der aus der
staatlichen Sphäre ausgegliederte originäre kirchliche Bereich kann
in Art. 37 Abs. 23 bei recht großzügiger Interpretation nicht nur
auf den Kultus zugeschnitten sein *. Obwohl die Verfassung nicht
dem meist-üblichen Wortlaut «ordnen ihre Angelegenheiten selb-
ständig» 5 folgt, wäre es abwegig, daraus zu schließen, daß ein eigen-
ständig kirchlicher Bereich nicht verfassungsrechtlich garantiert sei,
Die Zubilligung des ungestörten kirchlichen Eigenlebens ist in den
Entwürfen klarer akzentulert mit «genießt Gewährleistung und
Schutz des Landes für ihre Betätigung, für ihre Einrichtungen» ©,
! Z.B. die Verwaltung des Kirchengutes: dazu $ 5/IIL
2? So die Gesetzgebung josephinischen Einschlags.
> A119.
+ Die Kultusfreiheit beinhaltet denn auch das Recht zur religiösen Vereinigung,
5 So KV OW 1968 Art. 5.
5 Z.B. A 14/6 5.
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