Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Staatlicher und kirchlicher Zuständigkeitsbereich 
im Grunde, wenn auch mehr beiläufig, den Rechtsstatus der katho- 
lischen Kirche, da sie aufs engste mit der staatlichen Ordnung ver- 
zahnt war. Die Frankfurter Forderungen, soweit sie das Staatskirchen- 
recht nach dem überlaut gepriesenen Axiom der Trennung von 
Staat und Kirche reformieren wollten, vermochten auf seite der 
katholischen Kirche kaum etwelche existenziellen Besorgnisse wach- 
zurufen, wußte sie sich doch mit dem Geiste des Volkes durch den 
nicht zu unterschätzenden Traditionszusammenhang verbunden, und 
die sich dahinschleppende « Versöhnungspolitik» Fürst Alois’ II. war 
der Kirche nicht unfreundlich gesinnt *. 
Die vom Volke ausgesprochenen Freiheitsideen verhalfen ihr 
indirekt vielmehr dazu, sich allmählich aus der zu ihrem Wesen und 
geistlichen Auftrage bisher diametral verlaufenen Botmäßigkeit 
des Staates zu lösen. Eine ähnliche Reflexwirkung zeitigte vor allem 
die ernsthaft betriebene «Bistumspolitik» der Landstände, die ver- 
suchte, eine Bessetstellung des liechtensteinischen Klerus im Diözesan- 
verbande zu erreichen 2, 
III. Die Verfassung von 1862 
Der Abbau des Staatskirchentums, dem eine Verschmelzung von 
Staat und Kirche wesensmäßig inhärent ist, die der Eigenart der 
Kirche widerstreitet, ist im Gange, doch noch lange nicht am Ende 
angelangt. Der Kirche ist zwar in vermehrtem Maße Einflußnahme 
auf das öffentliche Leben zugesichert. Dies erhellt aus der Schlüssel- 
position, die sie in der Schulordnung von 1859 und den Verfassungs- 
beratungen von 1861/62 einnimmt. Das herrschende System leidet 
aber immer noch an einer Vermischung beider Bereiche, die bedingt 
ist durch die weiterbestehende staatliche Erfassung der Kirche, 
obwohl schon in mancher Beziehung der Absolutheitsanspruch des 
'nnerkirchlichen Rechtes recht deutlich herausgekehrt ist ©. 
Man wird diesbezüglich mit Landesverweser Menzinger, der die 
Sachlage in einem Brief an Wenzel vom 30. September 1858 * be- 
ı Siehe Kap. 1/$ 412. 
2 Siehe die Entwürfe A 5/$ 84 und A 6/$$ 21 und 22. 
3 Vgl. die Schulordnung von 1859, B 26. 
+ LRA CV 136 Nr. 967. 
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