Parität
Bedeutung zu, da bei einer restriktiven Interpretierung der «staats-
bürgerlichen Rechte» der zivile Rechtsstatus des Bürgers ausgeklam-
mert werden könnte. Damit hätte das Differenzierungsverbot in Sa-
chen des Religionsbekenntnisses im zivilen Bereich ! keine Geltung.
Offenbar setzt der Verfassungsgeber die staatsbürgerlichen Rechte
nicht den politischen gleich, die man in Anlehnung an den Öster-
reichischen Verfassungsgerichtshof und in Übereinstimmung mit der
herrschenden Lehre ? als jene Rechte bezeichnen kann, die dem Be-
rechtigten «einen Einfluß auf die Staatswillensbildung einräumen» 3,
also vor allem das Stimm- und Wahlrecht. Demgegenüber müssen
die staatsbürgerlichen Rechte konsequenterweise weiter gefaßt wer-
den. Sie beziehen die Grund- und Freiheitstechte der Landesange-
hörigen, mit ein, die sich auch auf den zivilen Bereich erstrecken.
Eine solche Interpretierungsweise erfolgt ganz im Sinne des Art. 29
der Verfassung.
3. Das Privatrecht, insbesondere das Eherecht
Das Privatrecht hat sich jeder Bestimmung zu enthalten, die in An-
knüpfung an ein Religionsbekenntnis Ungleichstellungen unter den
Staatsbürgern, schafft *. Nach Ermacora 5 steht etwa ein kirchliches
Eherecht, das zum staatlichmaßgebenden erklärt ist, soweit es So-
genannte Mischehen ° verbietet oder sonst unter Bedingungen stellt,
nicht im Einklange mit Art. 39. ——
Die liechtensteinische Ehegesetzgebung 7, die zumindest unter dem
Aspekte der Religionsfreiheit fragwürdig erscheint, kennt mehrere
religiös diskriminierende Vorschriften. $ 64 ABGB statuiert das Ehe-
hindernis der Religionsverschiedenheit, von dem nach Entscheid des
LG vom 18. 12. 1942 8 nicht dispensiert werden kann. Es ist somit
ı Z. B. im Eherecht.
? ADAMOVICH-SPANNER 438; gegenteiliger Ansicht ERMACORA 64, der die poli-
tischen Rechte auf die Grundrechte des Staatsbürgers schlechthin ausgedehnt
wissen will.
‘ Zitiert aus: ERMACORA 63.
So ist z. B. $ 768 ABGB verfassungswidrig.
5 ERMACORA 369.
5 Wohl auch im Sinne der kultusverschiedenen Ehen gemeint,
’ B 5; vgl. dazu Kap. V.
8 } 399/305, OxHrı 62 Fußn. 178 entnommen. Mit dem VBI-Entscheid 1963/
39 vom 28. Januar 1964 (veröffentlicht in: Entscheidungen der liechtensteini-
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