Schranken der Bekenntnis- und Kultusfreiheit
nicht angestellt werden könnte, da er nicht nur Lehr-, sondern auch
Erziehungsfunktionen im Sinne dieses Bekenntnisses wahrzunehmen
hat. In diesem Falle sind ihm die Schranken nicht vom Staate oder
der Kirche auferlegt, sondern er hat sie sich selbst durch sein Bekennt-
nis gezogen.
II. Das Mißbrauchsverbot
Die Schranken der Bekenntnis- und Kultusfreiheit lassen sich nament-
lich auch aus dem der Verfassung zugrundeliegenden Freiheitsrecht
ableiten. Demnach bedeutet Freiheit nicht Schrankenlosigkeit *. Der
Freiheitsgebrauch darf nicht darauf hinauslaufen, daß die «Betätigung
des Bekenntnisses» des Mitmenschen und die « Abhaltung des Gottes-
dienstes» der Kultgemeinschaft verunmöglicht wird. Der Freiheits-
begriff schließt notwendig das Mißbrauchsverbot — ein ungeschrie-
bener Verfassungssatz — mit ein, das nach österreichischer Rechtsauf-
fassung ? in erster Linie nicht an die Staatsgewalt, sondern an, orga-
nisierte oder nicht organisierte Gruppen der Gesellschaft und an den
einzelnen gerichtet ist. Zum Gebot erhoben ist dadurch die Respek-
tierung oder zumindest Tolerierung der Glaubensansichten anderer,
Hierin spielt die sog. Drittwirkung der Grundrechte *. Das Freiheits-
recht — in unserem Falle des Bekenntnisses und des Kultus — kann
sich nicht allein darin erschöpfen, daß seine Rechtsfunktionen bloß
in einer Abwehr staatlicher Eingriffe bestehen. Im Grundrecht muß
nach dem neuesten Stand der Staatslehre * eine Freiheitsgarantie zum
Zuge kommen, die eine vollkommenere Sicherung der individuellen
Freiheit verbürgt, indem es die Bürger bei der Gestaltung ihrer pri-
vatrechtlichen Rechtsbeziehungen bindet. Es darf nicht bloß als Ab-
wehrrecht gegen staatliche Eingriffe verstanden werden.
III. Die positivierten Schranken der Verfassung
Die unmittelbaren Beschränkungen der Bekenntnis- und Kultusfrei-
heit finden sich in den Art. 37 Abs. 2 und 39, die den Gesetzgeber
zu Eingriffen in diese Grundrechte legitimieren.
ı So EsErs, StuK 165.
? So ERMACORA 366.
ı Siehe dazu ZırpeLiUus, Staatslehre 218 #. mit Literaturangaben,
ZıppELIUS, Staatslehre 218 £.
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