Glaubens- und Gewissensfreiheit
Zivilehe in Liechtenstein» ! zum Ausdruck. Es weist jede Abwei-
chung von der bisherigen Ehegesetzgebung, die es als einen Schritt
in Richtung «Verweltlichung» des Eherechtes deuten kann, unmiß-
verständlich zurück. Der liechtensteinische Staatsgerichtshof klam-
mert sich in seiner Rechtfertigung der diesbezüglich bestehenden
Rechtsordnung an das Gemeinwohlprinzip ?, das aber dem Staate
auch «die Ordnung der menschlichen Gesellschaft durch Ausgleich
und Zusammenführung der auseinanderstrebenden gesellschaft-
lichen Einzel- und Gruppeninteressen» zur Aufgabe macht ?
2. Kritische Analyse des geltenden Rechtszustandes
Vor diesem Hintergrund ist in großen Zügen eine kritische Analyse
der gegenwärtigen Rechtssituation in Angriff zu nehmen.
Das Ehepatent Kaiser Josefs II, das als zweites Hauptstück ins
ABGB eingegangen ist und noch heute geltendes Recht in Liechten-
stein ist, kennzeichnet ein konfessionell differenziertes Ehescheidungs-
und Ehetrennungsrecht *, das den verschiedenen religiösen Anschau-
ungen der damaligen Zeit Rechnung tragen wollte °, um damit dem
Toleranzgedanken Ausdruck zu verleihen. Es entlehnt den reli-
giösen Ordnungen leitende Grundelemente, so etwa dem kanoni-
schen Recht das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe ®. Für nicht-
katholische Konfessionsangehörige ist im $ 115 ABGB ein eigenes
Ehetrennungsrecht eingebaut. Auf die letztlich tiefste sittlich- religiöse
Begründung der Ehe als Sakrament mußte das Ehepatent allerdings
verzichten, da es die gallikanische Theorie vertritt, die in der Vertrags-
natur das Wesen der Ehe erblickt 7.
Das geltende Recht kennt als staatlich obligatorische Trauung
die kirchlich-katholische. Der Traugeistliche amtet folglich zugleich
als staatliches Organ und ist nach $ 78 ABGB verpflichtet, die staat-
lichen Ehevorschriften zu befolgen. Für den Fall, daß er aus kirchli-
chen Gründen eine Trauung ablehnte ($ 79), hätte nach den Vorschrif-
ı LRA Aktenbündel 246, Akt.-Nr. 72.
2 Vgl. das Gutachten des liechtensteinischen StGHs, in: Sammlung der Ge-
richtsentscheide, Vaduz 1963, 132.
3 So MıgaArT, KuSt 439 £.
+ B 5/6$ 111 und 115.
5 HussArzxg, Ehetrennungstecht 308.
5 B 5/$ 111.
7 Vgl. Hussarzg, Ehetrennungsrecht 309 £.
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