Religionsfreiheit
Der politische Ehekonsens und die kirchliche Dispens vom Ehe-
hindernis der religio mixta wurde von der zuständigen Kirchen-
behörde bzw. der politische Ehekonsens von der Regierung erst
dann erteilt, wenn sich die Brautleute durch einen schriftlichen
Revers verpflichteten, ihre Kinder ohne Unterschied des Geschlechtes
in der katholischen Religion zu erziehen *.
Dieses Mischehenabkommen ist im Geiste der fürstlichen In-
struktion an das Oberamt von 1843 ? abgefaßt. Es ist m. a. W. eine
diesbezügliche gesetzliche Neuauflage, da sie z. T. außdrücklich
deren Bestimmungen wiederholt, obwohl damals in $ 8 der Verfassung
von 1862 die Freiheit der äußeren Religionsausübungen garantiert
wird. Das Dekret der Regierung an das Landgericht vom 20. Jänner
1866 3 gibt unverhüllt zu erkennen, daß am System des Staatskirchen-
tums weiterhin festzuhalten ist. Hierin setzt die widersprüchliche
und auseinanderstrebende Entwicklung von Rechtsordnung und
Staatspraxis an *. Eine Synthese von staatskirchlicher Tradition und
religionsfreiheitlicherer Ordnung wird verpaßt.
2. Das geltende Schulgesetz von 1929
Das geltende bekenntnisgebundene Schulgesetz von 19295 ist in
erster Linie eine Antwort der katholischen Kirche © auf den Erzie-
hungs- und Unterrichtsartikel der Verfassung (Art. 16), um ihren
eigenen Rechtsanspruch und ihrer aus-der Verfassungsgeschichte
begründeten Position im Schul- und Erziehungssektor Nachachtung
zu verschaffen. Dreh- und Angelpunkt der von Staat und Kirche
vertretenen strittigen Anschauungen in dieser Frage bildeten die von
der Kirche geforderte ausdrückliche, verfassungsrechtliche Garantie
eines religiös-katholischen Schulunterrichtes und die vom Staate be-
anspruchte oberste Leitung im Erziehungs- und Unterrichtswesen 7.
ı Siehe C 4 Präambel und Ziffer 4.
? B 14 und 18.
B 37.
Es sind die Bestimmungen vor Augen zu halten: A. 13/$ 8 und A 19 Art. 37
and 39,
5 B 86.
5 An dieser Stelle ist nochmals daran zu erinnern, daß das Schulgesetz von 1929
von Herrn Kanonikus Frommelt verfaßt wurde.
7 Ein treffliches Bild davon vermittelt das Schreiben des Bischofs an den
Landesverweset vom 17. August 1921, LRA Reg. 1921 Nr. 963. «Für den $ 16
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