Glaubens- und Gewissensfreiheit
Der Wortlaut des Art. 37, Abs. 1 der Verfassung spricht m. E. eher
für diese enggezogene Auslegung des persönlichen Geltungsbereiches
dieses Grundrechts.
Vor allem aufgrund des Einflusses der schweizerischen und öster-
reichischen Rechtssprechung und Gesetzgebung auf die liechtenstei-
nische und aufgrund der nahen Verwandtschaft des liechtensteini-
schen Rechts zu diesen beiden Rechtskreisen scheint es mir zulässig
und zweckmäßig zu sein, sich dieser Auffassung anzuschließen.
IT. Die Schulgesetz gebung
Dem Grundrecht der Bekenntnisfreiheit sind in Hinsicht auf den an
sich unumschränkten persönlichen Geltungsbereich Grenzen gezo-
gen, die sich aus der Natur der Person (Menschen) ableiten. Das Sich-
Bekennen zu einer Religion setzt ein bestimmtes Maß an Verstand
und Urteilskraft voraus !. Die Verfassung enthält keine Bestimmung
darüber, von welchem Altersjahr an eine natürliche Person dieses
ihr zustehende Grundrecht ausüben darf, Das ABGB gibt auch keine
einschlägige Antwort; es verweist in $ 140 ? lediglich auf die politi-
schen Vorschriften, deren Richtlinien zur Hauptsache aus der Schul-
gesetzgebung zu ermitteln sind, zu deren besserem Verständnis die
Mischehenvereinbarung aus dem Jahre 1866 zwischen der Regierung
und dem Ordinariate zu Chur beitragen kann.
An eine grundlegende, spezielle Normierung der Religionsmün-
digkeit des Kindes wurde bis anhin nicht gedacht. Die Verfassung
intendiert ein sittlich-religiöses Bildungsziel, das im geltenden Schul-
gesetz von 1929 konkrete Formen angenommen hat, in dessen Er-
ziehungs- und Bildungsprogramm sich diese Frage gar nicht stellte 3.
1. Mischehenvereinbarung von 1866
Die Mischehenvereinbarung zwischen der Regierung und dem Ordina-
tiate zu Chur aus dem Jahre 1866 gibt ein beredtes Zeugnis von einer
konfessionell einheitlich abgestimmten Kirchenpolitik, die bis in
unsere Tage mit einer fast unvermindert tiefgreifenden Ausstrahlungs-
kraft die Staatskirchenszenerie beherrscht.
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Nach dem CJC mit Vollendung des 7. Lebensjahres als gegeben angesehen.
B 5.
Siehe dazu vor allem B 86 Art. 2, 42, 43, 72-78.
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