Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Religionsfreiheit 
von vornherein enge Grenzen gesetzt. Diese Tatsache läßt sich schon 
von der Leitidee der Verfassungsgebung ablesen, die sich zur Haupt- 
sache in der Suche nach einem System des Ausgleichs zwischen streng 
monarchisch gesinnten und solchen auf eine Erweiterung der Volks- 
rechte bedachten Bestrebungen erschöpft. $ 8 sieht von einer genauen 
Festlegung der Religionsfreiheit ab und bleibt dadurch im Rahmen 
der vorgegebenen Staatskirchenordnung. Unsicherheiten in der Aus- 
legung dieser Bestimmung konnten nicht ausbleiben *. 
Dem Verfassungsgeber von 1921 gelang es, in der Ausarbeitung 
der Religionsartikel maßvolle Distanz zu den schweizerischen und 
österreichischen Parallelbestimmungen zu wahren. Dieses geschickte 
Taktieren verliert an Glanz, wenn man die einzelnen Artikel genauer 
prüft. Dem liechtensteinischen Rechte bisher fremde Verfassungssätze 
wurden ohne nähere Bezugssetzung zur Gesamtkirchenordnung z. T. 
gänzlich (Art. 39) oder liechtensteinischen Verhältnissen angepaßt in 
das Grundgesetz übertragen. Diese zwiespältige Haltung hat auf den 
staatskirchlichen Teil des Grundgesetzes seine Schatten geworfen. 
Der Verfassungsgeber kopierte, ohne genau erkannt zu haben, wel- 
cher Sinn den einzelnen Bestimmungen im Staatskirchenkonzept der 
Verfassung innewohne. Die an sich unvermeidbare Auseinanderset- 
zung mit der Frage des Inhalts und der Tragweite des neukonzipierten 
Grundrechts der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit unter dem 
Gesichtspunkte der Konformität der in Kraft gebliebenen Staatskir- 
chengesetze ? blieb aus. Damit wurde die so dringliche Klärung der 
wertmäßigen Einstufung der religiösen Freiheitstechte in das Staats- 
kirchengefüge verpaßt. Aus heutiger Sicht kommt man vom Ein- 
drucke nicht los, daß es dem Verfassungsgeber an Weitblick in diesem 
so versteiften staatskitchlichen Problemkreis gefehlt hat. Diese An- 
sicht verstärkt sich noch, wenn man in Betracht zieht, wie wenig 
Rücksicht er auf eine systematische Kompilation von zusammenhän- 
genden Bestimmungen, die durch eine unsachgemäße Einordnung 
in den Grundrechtskatalog auffallen 3, genommen hat. 
i Vgl. vorne $ 4/11 2, 
2 Z.B. B5. 
+ Vgl. A 19 Art. 39, der erst im Regierungsentwurfe (A. 17) enthalten ist. Ent- 
weder müßte er näher in Bezug zu Art, 37 (Religionsfreiheit) oder zu Art. 31 
‘Gleichheit vor dem Gesetze) gesetzt sein, 
44]
	        

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