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Höhe stand und so vor- als hinterwärts
mannigfaltige bedeutende Ansichten ge
währte.“ Die Landesbewohner, die beim
Markt versammelt sind, werden beschrie
ben: „Untereinander gemischt standen Berg
bewohner, die zwischen Felsen, Fichten und
Föhren ihre stillen Wohnsitze hegten, Flach
länder von Hügeln, Auen und Wiesen, Ge-
werbsleute der kleinen Städte und was sich
alles versammelt hatte.“ Schließlich findet
sich die Ruine einer alten Stammburg. Von
dem Lustritt, der dorthin unternommen
wird, heißt es: „Dann geht es weiter durch
wohlversorgte Frucht- und Lustgärten sach
te hinaufwärts, und man sah sich nach und
nach in der aufgetanenen, wohlbewohnten
Gegend um, bis erst ein Busch, sodann ein
Wäldchen die Gesellschaft aufnahm, und die
anmutigsten Örtlichkeiten ihren Blick be
grenzten und erquickten. Ein aufwärts lei
tendes Wiesental, erst vor kurzem zum
zweitenmal gemäht, samtähnlich anzusehen,
von einer oberwärts lebhaft auf einmal
reich entspringenden Quelle gewässert, emp
fing sie freundlich und so zogen sie einem
höheren, freieren Standpunkt entgegen, den
sie, aus dem Wald sich bewegend, nach einem
lebhaften Stieg erreichten, alsdann aber vor
sich noch in bedeutender Entfernung über
neuen Baumgruppen das alte Schloß, den Ziel
punkt ihrer Wallfahrt, als Fels- und Wald
gipfel hervorragen sahen. Rückwärts aber
— denn niemals gelangte man hierher, ohne
sich umzukehren — erblickten sie durch zu
fällige Lücken der hohen Bäume das fürst
liche Schloß links, von der Morgensonne
beleuchtet: den wohlgebauten höheren Teil
der Stadt von leichten Rauchwolken ge
dämpft, und sofort nach der Rechten zu die
untere Stadt, den Fluß in einigen Krüm
mungen, mit seinen Wiesen und Mühlen;
gegenüber eine weite, nahrhafte Gegend.“
Natürlich stimmen nicht alle Einzelheiten
auf das Fürstentum, aber dafür ließen sich
Erklärungen finden. Die „Novelle“ ist ja
erst 1826 entstanden, also fast 40 Jahre nach
der Italienreise. Außerdem ist hier, ent
sprechend der Tendenz des alten Goethe,
alles ,ins Typisch-Allgemeine verwandelt,
das Einzel-Charakteristische entfernt, so daß
schließlich die Landschaft nicht mehr an
einem bestimmten Ort gelegen scheint. Sicher
aber ist es erlaubt, das Urbild, die erste An
regung für diese dichterische Landschaft im
Fürstentum Liechtenstein zu suchen.
Bei Brentano wie Jean Paul, Dumas wie
Goethe haben wir gefunden, daß die Be
ziehungen zum Fürstentum nicht eigentlich
realistisch sind. Wir finden aber eine ganze
Reihe anderer Dichter, die sich ausdrücklich
mit dem Lande beschäftigen. Das älteste Bei
spiel ist wohl die „Raeteis“ des Humanisten
Lemnius. Simon Lemm - Margadant f 1550,
ein Münstertaler, der seinen Namen nach
humanistischem Brauch in Lemnius Empo-
ricus umformte, war ein sehr fruchtbarer
Dichter in lateinischer Sprache. Sein Haupt
werk „Bellum suevicum 1499 gestum“, eine
Beschreibung des Schwabenkrieges, wurde
1874 von Placidus Plattner etwas frei über
setzt und herausgegeben (siehe dazu den
Aufsatz von W. Ganß im Jahrbuch des Hi
storischen Vereins für das Fürstentum Liech
tenstein, 1955). Aus diesem Epos seien einige
Verse zitiert aus der Beschreibung der
Schlacht bei Triesen: