100
geistlicher Herren wohnen. Man darf sich also in den Orts
namen damaliger Zeit, wenn sie auch mit den jetzigen gleich
lautend sind, nicht Dörfer oder Gemeinden unserer Zeit vor
stellen, wo sämtliche Bürger freies Eigentum besitzen, an Rech
ten und Pflichten als Gemeinde- und Staatsangehörige gleich
sind und unter gleichen Gesetzen leben. Die Leute im gleichen
Dorfe konnten damals gar ungleich an Rechten und Frei
heiten fein.
Die Herren, d. i. die Edlen beschäftigten sich vorzugsweise
mit Jagd und Krieg, und die Zeit, welche ihnen nach diesen
Geschäften übrig blieb, verbrachten sie bei lärmenden Trink
gelagen oder in müßiger Ruhe auf der einsamen Burg, wenn
sie nicht ein Amt zu verwalten hatten. Ihre pflichtigen Leute
waren nicht durch gemeinsame Abstammung oder ähnliche
Bande mit ihnen verbunden; bei dem Herrn war es der Vor
teil und die Gewalt, durch die er seine Leute fesselte.
Anders war das Verhältnis der Vasallen oder Lehen-
leute zü ihrem Lehenherrn. Jene gelobten ihm Treue und
verpflichteten sich zu bestimmten Diensten, vorzüglich zum
Kriegsdienst. Dafür gab ihnen der Herr ein Lehengut oder
sonst ein nutzbares Recht. Jene geringeren Lehenleute, welche
sich dem Herrn zu allerlei Abgaben und Diensten verpflichteten
und dafür Güter erhielten, hießen Dienstmannen. Solcher
Dienstmannen besaß das Hochstift eine große Zahl. Sie hatten
das Recht, daß sie der Bischof nur mit ihrer eigenen Zustim
mung zum Kriegsdienst oder zu anderen Diensten dieser Art
aufbieten konnte. Wo es Krieg,. Frieden oder Veräußerungen
des Stiftsgutes galt, mußte der Bischof die Zustimmung seiner
Dienstmannen einholen. Sie nannten sich freie Dienstmannen,
und doch wurde, wenn ein solcher Dienstmann starb, dem Bi
schof der Fall, d. i. das beste Kleid oder das beste Pferd ge
geben. Es gab eine Klaffe von Dienstmannen, die niedriger
standen und jene Rechte nicht hatten. Zum Stande der Dienst
mannen gehörten nur geringere Edle, Freie und Unfreie. AIs
größere Lehenleute erscheinen in dieser Zeit Palduin zu Bal-
zers und Adamar von Mäls, wo wahrscheinlich die Feste
Gutenberg damals erbaut wurde oder schon stand.
Aus den Freien, die dem Bauernstand entsagten, auch
aus Unfreien, bildete sich eine Klaffe von Dienstmannen, welche
sich ausschließlich dem Kriegsdienst zu Roß widmeten. Dieser
Dienst wurde in früher Jugend bei einem tüchtigen Ritter er
lernt; darauf dienten sie um Sold oder Lehen. Der Kriegs
dienst war ihr Handwerk. Ihr Ansehen stieg, als der Heer
bann verfiel und das Fußvolk nicht mehr so geschätzt wurde